Review
Placid Silence - Tides Are Turning
Der Rezensent bedankt sich erstmal artig bei Placid Silence, so der Name der Augsburger Rocker, um die es im folgenden Review gehen soll, für die beigefügte Postkarte und den Aufkleber - sogar die Promo-Infos sind noch selbst unterschrieben. Das zeugt von Engagement, und mit viel Herzblut gehen dann Astrid Grenz (Voc.), Stefan Schwierz (Git.), Michael Besler (Git.), Manuel Giuliani (Bass) und Bernhard Kechele auf ihrem Output Tides Are Turning auch zu Werke. Female fronted. Wobei Fräulein Grenz auf der Doro Pesch/Joan Jett-Schiene trällert in Songs, die meistens (aber mit auffälligen Ausnahmen) zwischen erdigem Rock und Metal der 80er-Schule (Stormwitch, selbstredend Warlock oder Accept würden mir als Referenzen einfallen) angesiedelt sind - allerdings immer in gemäßigter Version.
Der Opener "Three Little Devils" geht allerdings ein wenig in die Hose. Einmal, weil der abgehackt gespielte und gesungene Chorus sich gegen den Song sperrt, einmal weil die Sängerin hier viel zu viel an einzelnen Tönen herum rutscht. Das wird in der Folge aber im Titeltrack deutlich besser. Beginnend mit einem Melodie-Solo gefällt das Stück durch lässige Accept-Gangshouts, flotten, vom Bass angeschobenen Strophen und einem coolen Refrain. Allerdings taucht unvermittelt das Riff von The Offsprings "Keep 'Em Separated" auf. Ob der Fingerzeig gewollt ist, bleibt dem Hörer natürlich verschlossen. In der Halb-Akustik-Ballade "I Got Time" beweist die Frontfrau dann echte Klasse. Zweistimmig geschickt arrangiert: da beide Stimmen von Grenz eingesungen wurden, kommt dann und wann ein Cranberries-Feeling auf; aber im positiven Sinn. Als weitere Highlights wären das teilweise jazzig-bluesig angelegte und mit ein paar versierten Gitarren-Licks versehene "Not Worth It", das wieder ruhige "Where Do I Go?" ("Für Immer" lässt phasenweise grüßen!) oder die beiden Riffrocker "Slaves" und "Warriors Of Glory & Steel" (wer hier Pate stand, ist unschwer zu erraten) zu nennen.
Allerdings gibt es darüber hinaus einige ins Gewicht fallende Kritikpunkte: Erstens befindet sich mit "The Voice" eine Nummer auf dem Album, in der sich die Sängerin an Operngesang a'la Turunen und Co. versucht, flankiert von versuchten schwarzmetallischen Schreien der Bandmates. Das Ergebnis ist leider alles andere als hörenswert, was noch gelinde ausgedrückt ist. Zweitens ist der E-Gitarren-Mix auf dem Album oft viel zu verwaschen und ohne jegliche Power. Dazu kommt, dass die Band noch keine stringente Linie gefunden zu haben scheint, was an der Diversität der Kompositionen leicht erkennbar wird. Da am Ende des Albums aber noch eine wunderbare balladeske Nummer mit dem Titel "Free" zu finden ist (toll gesungen), schaffen es Placid Silence mit Ach und Krach noch zu vier Punkten, die wohlwollend, aufmunternd, aber auch recht kritisch mit auf den Weg gegeben werden. Man darf gespannt sein, wie die Reise der Augsburger weiter geht.
Fuxx