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Lita Ford - Wicked Wonderland

Lita Ford - Wicked Wonderland
Stil: Rock
VÖ: 30. Oktober 2009
Zeit: 65:33
Label: Edel Records
Homepage: -

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Aha, aha, aha. So klingt sie also - die neue Lita Ford ...; ja, wie eigentlich?
(der Rezensent zeigt sich ein wenig verblüfft, lehnt sich zurück und führt sich Wicked Wonderland in seiner Gänze ein zweites und drittes Mal zu Gemüte)
Antworten auf die eingangs gestellte Frage könnten lauten: überraschend, metallisch, (viel zu) modern, politisch keinesfalls korrekt, ausgearbeitet und völlig anders als alles, was Mrs. Ford in den späten 80ern zu Erfolgen nicht nur im Metalsektor verhalf.
Vierzehn Jahre sind seit ihrem letzten Album ins Land gezogen. Vierzehn Jahre, in denen sich die Sängerin zusammen mit ihrem Ehemann Jim Gillete auf einer kleinen Karibik-Insel rein dem Familienleben widmete. Doch ganz ohne Metal scheint es auch im Hause Ford nicht zu gehen und so präsentiert uns das Ehepaar, denn Gillete (erster Sänger von Tuff und Gründer von Nitro) zeigt sich auf der Platte zu gleichen Teilen für die Produktion verantwortlich und steuert Vocals zu fast allen Songs bei, nun Wicked Wonderland. "Jim and I, we are very sexual and you definitely can hear that in the songs." heißt es in einem Promo-Interview zur Platte. Kann unterstrichen werden: laszive Texte, viel Gestöhne, ein Sammelsurium an eingefangenen emotionalen Ausbrüchen. Vorweg: die Platte entfaltet ihre Wirkung nur als Ganzes. Hits wie "Kiss Me Deadly", "Falling In And Out Of Love" oder "Broken Dreams" sucht man dagegen vergeblich.
Die Reise in Litas Wunderland nimmt ihren Anfang mit dem Song "Crave". Ein Duett über düsteren Riffs, einem vertrackten Schlagzeug-Rhythmus und jaulenden Wah-Wah-Gitarren, in dem sich die "Beauty and the Beast"-Rollenverteilung zwischen dem Ehepaar zunächst in traditionellen Bahnen bewegt, was allerdings im Verlauf der Platte mehrmals aufgebrochen wird und so die beiden Partner des Öfteren die angestammten Charaktere tauschen. Im folgenden "Piece (Hell Yeah)" dominiert ein schleppender Groove, wobei Mrs. Ford hier bezüglich des Gesangsstils, der, wie betont werden muss keinen Deut an Ausdrucksstärke und Wiedererkennungswert verloren hat, an manchen Stellen (zu wenigen) an ihre glorreiche Vergangenheit bei den Runaways erinnert. "Patriotic SOB" nimmt auf ironische Art und Weise die konstitutionellen Eckpfeiler der amerikanischen Demokratie aufs Korn, ist gestrickt über ein krachiges 80er-Hardrock-Riff, wirkt jedoch durch die darüber gelegten Soundeffekte und den fast schon sterilen Drum-Mix jederzeit modern.
An dieser Stelle darf auf eine auffällige Parallele verwiesen werden. Der Sprung vom 80er-Sound zu einem moderneren Klanggewebe, hauptsächlich erreicht durch aufwendige Drum- und Gitarren-Produktion und Nutzung von Industrial-Effekten, vollführte seinerzeit Alice Cooper von The Temptation (of Alice Cooper) zu den beiden Alben Brutal Planet und Dragontown. Ähnlich wie die beiden letzteren, Wicked Wonderland. Während The Coop den besagten Shift jedoch in aller Geschmeidigkeit vollführte klafft zwischen Lita then and now eine unangenehme Lücke, was nicht zuletzt daran liegen mag, dass die beiden Cooper-Alben tolle Songs, die auch für sich gesehen funktionierten, enthalten, solche aber auf Wicked Wonderland fehlen. Die Endzeit-Vision einer Welt irgendwo zwischen Schrottplatz und Jahrmarkt, in der "anything goes" als fundamentales Prinzip herrscht, erhält übrigens im Cover eine gelungene optische Umsetzung.
Ein Wechselspiel zwischen gehauchten, eindeutigen Forderungen und hervorgeschleuderten Power-Vocals bietet "Scream 4 Me", wobei die Gesangsmelodien (wie leider in den meisten Stücken) allerdings eher bieder gehalten werden. Hängen bleibt dagegen Litas Bekenntnis: "I'm a Freak!" In "Inside" teilt sich das Pärchen erneut die Vocal-Parts: zähflüssiger Lava-Groove, jede Menge Gitarrensoli und Jim Gillete, der ein wenig wie eine Light-Version von Gene Simmons in seinen besten Tagen klingt. Eine verstörte Leierkasten-Volksfest-Melodie eröffnet den Titeltrack, der wie das anschließende "Indulge" gut und gerne auf einem der aus der Feder Rob Zombies stammenden akustischen Horrorszenarien (wie Hellbilly Deluxe Vol. 1 - bis Vol. 2 muss bis nächstes Jahr gewartet werden) stehen könnte. Rockiger präsentiert sich "Love", in dem Fräulein Ford in den Strophen über Handschellen und Fesselspielchen mittels Sprechgesang sinniert, bevor "Betrayal" den emotionalen Ritt mit einem initialen Schrei, der durch Mark und Bein geht, teilweise im Uptempo und mit von Zeit zu Zeit eingestreuten, schneidenden Gitarren-Leads weiterführt.
"Sacred" kann am ehesten als, sagen wir, so etwas wie eine Ballade mit Flower Power-Anleihen bezeichnet werden, während "Truth" zwar straight nach vorne marschiert, dabei aber die Melodien auf der Strecke bleiben. In "Everything" blitzen erneut die Verweise auf die Runaways auf, kombiniert mit reichlich gitarrentechnischer Solo-Arbeit und unterlegt mit Elektro-Effekten bzw. einer dezenten Sitar. In "Bed" werden dann leider die Digital-Spielereien vollends übertrieben und auch sonst bietet der Song wenig Memorables.
Die letzten beiden Stücke werden als Bonustracks ausgewiesen. "Garden" entpuppt sich dabei als straighter aber unscheinbarer Rocker, der sich textlich nahtlos ins Gesamtkonzept einfügt (Beispiel: "I'm the original bitch. ... There's a bad moon rising and there's nothing you can do.") und "Push" transportiert einen ganzen Schwung Hendrix-Vibes, wie überhaupt das ganze Album eher in Richtung der 60er/ 70er verweist als in die 80er - alles selbstredend im dicken 2009er-Overall.
Die Scheibe klingt auf alle Fälle so, als ob viel Zeit und Brainstorming auf die Kompositionen und deren Umsetzung verwendet wurde: ausgefeilt. Ich denke, dass Mrs. Ford Wicked Wonderland genauso haben wollte, wie wir es in Händen halten. Mir selbst sind dabei die meisten Nummern zu "modern" geraten, was der Eingängigkeit nicht zum Vorteil gereicht. Außerdem fehlen, wie gesagt die Hits, was das Gesamturteil, allerdings der subjektiven Erwartungshaltung geschuldet, trübt. Das Konzept und seine vor allem gesangliche und gitarrentechnische Umsetzung überzeugen hingegen zumeist. Jeder Interessierte sollte vorher Hörproben anstellen. Drei Punkte seien demjenigen als Anreiz mit auf den Weg gegeben.

Fuxx

3 von 6 Punkten

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