Review
Within Temptation - The Heart Of Everything
Gespannt durfte man sein, ja nachgerade bange erwartungsvoll blickte man diesem neuen Werk entgegen - vorausgesetzt natürlich man mag mit dem FFSM, dem beliebten Genre des Female Fronted Symphonic Metal, etwas anfangen. Die Single-Vorab-Auskopplung "What Have You Done" hinterließ den geneigten Zuhörer zwiespältig - ein hübscher Song, aber sehr kommerziell, sehr radiotauglich, wenig von der Düsterkeit, die die besten Momente der Holländer um Sharon den Adel auszeichnet. Die Frage musste also lauten: wohin schlägt das Pendel aus? Der letzte Streich The Silent Force bordete über vor orchestralem Kleister, der die Gitarren allzu oft in den Hintergrund treten ließ, was man im Kreise der Band mittlerweile durchaus auch selbst zugibt. Dazu kam ein überdurchschnittlich hoher Balladenanteil, der stark auf den kommerziellen Erfolg schielte. Generell kein schlechtes Album - aber Meilen entfernt von Mother Earth, das durch Sperrigkeit, Düsternis, Melancholie und vor allem genialen Songs zum Gothic-Klassiker avancierte. Wohin geht die Reise? Nur eine Lösung, um das herauszufinden: hinein ins Vergnügen!
Stück Nummero eins, "The Howling", ist Konsolenfreunden schon bestens aus dem Soundtrack zum Fantasy-Spiel The Chronicles of Spellborn bekannt. Ein satter orchestraler Hammer, der sofort zündet und ins Ohr geht. Die Gitarren krachen, das natürlich auch hier vorhandene Orchester steht dieses Mal im Dienste des Ganzen und deckt nicht alles zu. Aber Tendenz dennoch eher Evanescence als alte Within Temptation. Stück Nr. zwei kennen wir von der Single, hier singt Keith Kaputt im Duett - wieder Punkt für die Freunde der eher leichten Muse, wobei der Vorwurf des Nu Metal nun denn wirklich nicht zieht, aber das Ami-Radio lockt natürlich. Nummer Drei, "Frozen" (merke: keine Madonna-Titel verwenden!!), säuselt wenig auffällig vorbei. Fazit bislang? Silent Force - 1, Mother Earth - Nuuuhll. Also Zeit, den alten Within Temptation nachzutrauern? Und jetzt endlich die gute Nachricht: nein!!! Denn manchmal kommen sie halt doch wieder. Hier zu bestaunen mit "My Solemn Hour", denn da waren sie endlich wieder, die alten Qualitäten: orchestral, aber heavy, eher episch als kommerziell, und mit den wunderbar angeschrägten Harmonien, die Mother Earth so unentbehrlich machen, komplett mit orchestral-sakralen Chören. Sharon schwingt sich wieder in die Höhen in die sie gehört, und man die schwere Stimmung legt sich über ein extrem gelungenes Ganzes. Kleiner Einmaleffekt? Keineswegs, der folgende Titeltrack schlägt in die gleiche Kerbe - man findet alle zutiefst europäischen Eigenschaften des Within Temptation-Sounds, die Schwermut und die Düsternis, derer man ja oft vor allem die Deutschen zeiht. Romantik im besten Sinne halt. Mit "Hand Of Sorrow" geht der Reigen finsterer Melodien weiter, und spätestens jetzt wird klar, dass Within Temptation mit dieser Scheibe klar den Bogen zurück schlagen und sich auf ihre Qualitäten besinnen. "Final Destintation", "The Cross" - wohin man schaut gibt es keinen Ausfall, sondern erstklassige Gothic-Epic-Breitwandsagas (teilweise mit derben Gitarren und sogar Death-Grunzern im Hintergrund), die diesen Namen endlich wieder mal verdient haben. Zwei wunderbare Balladen schließen das Album dann würdig-schwermütig ab. Man sinnt noch nach, wenn der Player schon den Dienst eingestellt hat.
Welch ein Balsam für alle gebeutelten Anhänger orchestraler Klänge: nach der wunderbaren neuen After Forever nun gleich ein weiterer grandioser Paukenschlag. Danke, Sharon und Floor
- es gibt Hoffnung in Düsterhausen!