Review

Nach dem sehr düsteren und für mich eher enttäuschendem Engelskrieger Album legen Subway to Sally mit Nord Nord Ost ihren neusten Longplayer vor. Und ich gebe zu, dass ich doch sehr skeptisch war, ob man nach dieser erzwungenen Kurskorrektur - "wir sind ja so böse und keine Mittelalterband mehr" - noch einmal die Kurve kriegen würde.
Nach dem ersten Hördurchlauf bleibt festzuhalten, dass die Band von der Grundstimmung eher an Engelskrieger als an alte Werke anknüpft und die mittelalterlichen Instrumente wieder eine eher untergeordnete Rolle spielen. Nach mehreren Durchläufen wird dann aber zum Glück klar, dass die Ostdeutschen anscheinend ihren verlorenen Humor wiedergefunden haben und es dazu endlich wieder geschafft haben, richtige Ohrwürmer mit Suchtfaktor zu schreiben. Denn auch wenn die mittelalterlichen Instrumente nicht mehr so präsent sind wie auf den alten Werken, sind sie doch so geschickt in den Sound eingebunden, dass man neben den heftigen Riffs endlich wieder zuckersüße Melodien mit Gänsehautfaktor zu hören bekommt. Das ganze Album ist einfach wieder richtig im Fluss, es passt alles zusammen, alle Songs sind eine Einheit und wirken nicht wie ein großer Flickenteppich.
Mit der eisigen Gänsehauthymne "Schneekönigin" und dem rockigen Stampfer "Feuerland" bekommt man gleich zu Anfang des Albums zwei Highlights geboten, die etwas länger brauchen, bis die zünden, sich dann aber als 1A Hymnen mit Mitsingfaktor und klasse Refrains entpuppen. Ohne Verschnaufpause kommt dann die erste Single "Sieben", die vom Beat und Feeling sehr an "Veitstanz" von Herzblut erinnert und live sicher genauso abgehen wird - und wir tanzen...
Mit dem Instrumental "'74" und der Gänsehaut-Ballade "Feuerkind" bieten uns die Sallys dann eine kurze Verschnaufpause. Und hier kann man ganz genau den Unterschied zu Engelskrieger hören: Denn Feuerkind ist alles andere als lustig, aber dadurch, dass es in Mitten von zwei flotten "Gutelaune"-Rockern steht, bekommt die kalte Atmosphäre eine viel bessere Wirkung als wenn alle Lieder so bierernst sind.
Mit "Das Rätsel II" huldigt man sich dann ein wenig selbst, da man im Text viele Anspielungen auf alte Subway Klassiker integriert hat. Kombiniert mit einer flotten Geigenmelodie gibt das einen Livehit vor dem Herrn!
"S.O.S." ist dann ein Durchschnittsrocker, der gegenüber dem anderen Material ein wenig abfällt, aber mit den "Eisblumen" gleicht man diesen Schwachpunkt locker wieder aus. Wahnsinns-Song mit Wahnsinnsatmosphäre und fettem Groove!
Den Albumabschluss bildet dann das genauso geniale "Seemanslied", welches noch mal auf die Melancholie-Schiene setzt und mit seinen genialen Refrain einfach nur begeistert.

Begeistert ist dann auch genau das richtige Wort, um meine Meinung über Nord Nord Ost zum Ausdruck zu bringen, denn das Album ist durchweg gelungen und macht endlich wieder Spaß, auch wenn nicht alle Texte zum Lachen sind. Aber den Unterhaltungswert misst man ja nicht an positiven Floskeln, sondern an Hits, schönen Melodien und vielen genialen Refrains - und genau diese sind hier haufenweise vertreten. Klasse gemacht!

Thorsten

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