Review
Nattverd - Tidloes Naadesloes

VÖ: 21. März 2025
Zeit: 46:33
Label: Soulseller Records
Homepage: www.facebook.com/nattverdofficia
Einmal Norwegian Black Metal, immer Norwegian Black Metal! True Norwegian Black Metal - so viel Zeit muss sein! Erwartungsgemäß sollte man auf dem fünften Nattverd-Dreher namens Tidloes Naadesloes nicht unbedingt mit musikalischen Experimenten rechnen, dennoch lässt sich attestieren, dass die beiden Akteure Ormr und Atyr wohl deutlich strukturierter und versierter zu werke schreiten, als das noch in ihren Anfangstagen der Fall war.
Wo der Opener "Iskalde Horn" noch ein Maximum an Wut kanalisiert und entsprechend heftig durch die Membrane fegt, wagen Nattverd gleich im darauffolgenden "Doedsfugl" eine dramatische Kehrtwende hin zu gedrosselten Tönen von beklemmender Melancholie. Ein kurzes Intermezzo zu früher Stunde! Schließlich drücken die beiden Überzeugungstäter sogleich wieder ordentlich aufs Gas, lassen mit "Fo Aa Kunne Bli Doedt" aber auch keinen Zweifel daran, dass die Melodie in all ihrer Teufelei stets eine gewichte Rolle spielen soll und überraschende Tempo- und Stimmungswechsel stets miteinzukalkulieren sind. Atyr weiß mit seiner Gitarrenarbeit, wie man dreckig rockt oder tief ins Fleisch schneidet. Am liebsten schlüpft er aber in die Rolle eines wild gewordenen Hornissenschwarms und nutzt dieses genretypische Element klirrend kalter Gitarrenwände immer wieder dazu, hymnische Momente zu erzeugen. So auch im hochmelodischen "De Sviande Ord Vaagar Ikje For Sitt Liv", dem sogar ein hübsches, akustisches Interludium zugestanden wurde. Dem gegenüber wirkt "Raate Og Ratt" abermals finster und verzweifelt, kehrt unter der stimmlichen Leitung von Gastsänger Hoest (Taake) den Spieß gewissermaßen herum und liefert einen nur kurzen Einschub wohl kontrollierter Raserei inmitten einer trostlosen Klanglandschaft.
Nach dem Dødheimsgard-Cover "Naar Vi Har Dolket Guds Hjerte" zeugt der Rausschmeißer "Ens Egen Grav" ein letztes Mal von Nattverds Unberechenbarkeit, wenn er zunächst die nagelbesetzte Doom-Keule schwingt, sich dann in einer Art Endspurt aber doch noch zur melodischen Hymne entwickelt.
Mit Tidloes Naadesloes erfüllen Nattverd einerseits jedes nur erdenkliche Klischee eines traditionsbewussten Black-Metal-Albums, wissen ihren eingängigen Kompositionen aber stets das gewisse Etwas mit auf den Weg zu geben und so ganz unterschiedliche Stimmungsbilder zu erzeugen. Die rohe, aber eben doch differenzierte Produktion von Ruben Willem, welcher in der Szene schon einiges an Erfahrung sammeln konnte, passt zum Stil der Band wie das Corpsepaint ins Gesicht. So ist es Nattverd tatsächlich gelungen, ein Album zu erschaffen, das wie ein erloschener Leuchtturm die hehre Masse ähnlich gepolter Acts überragt!