Festival-Bericht
Rock Am Härtsfeldsee
mit Kreator, Saxon, W.A.S.P., Arch Enemy, Orden Ogan, End Of Green, Sepultura, Parasite Inc., Fiddler's Green, Kissin' Dynamite, Insomnium & Need2Destroy
Festivalgelände Härtsfeldsee, Dischingen 27. & 28.06.2014
(Fotogalerien: 2014 )
Rock am Härtsfeldsee 2014! Letztes Jahr konnten wir ja leider nicht, aber dieses Jahr stehen wir frisch gestiefelt und gespornt am Eingang und holen unsere Bändchen. Schwarz-weiße Stoffbändchen, sehr schick. Dann rein ins Vergnügen, also aufs Gelände, und festgestellt: Alles wie letztes Mal, ein gutes Arrangement muss eben nicht jedes Jahr geändert werden. Schmuck-, Klamotten- und CD-Stände zum Empfang, vorne das Zelt, rechts schwenkend die Verpflegung. Gut, günstig, gerne wieder!
Freitag , 27. Juni 2014
Opener haben es erfahrungsgemäß schwer, bei Need2Destroy, der ersten Band des Rock am Härtsfeldsee Open Airs 2014 verhält sich das dann auch nicht anders. Schönes Wetter und Temperaturen um die 25°C laden zum Chillen und Grillen denn zum Moschen und Rocken ein. Zuschauertechnisch verirren sich dann auch nur eine Handvoll Leute ins Zelt, die den Tönen der Schwabencombo lauschen wollen. Gemessen an der geringen Zuschauerzahl hält sich dann auch das Engagement der Multi-Kulti-Truppen in Grenzen, wobei man sagen muss, dass der alternative Death Rock mit seinen verschiedenen nicht-metallischen Einflüssen einen gewissen Charme versprüht, aber im gleichen Maße auch schwer verdaulich ist. Für einen Opener ok, aber mit viel viel Luft nach oben.
(Lord Obirah)
Die Schwaben von Kissin' Dynamite stellten mit ihrem Glam Heavy Metal einen krassen Gegensatz dar. Überhaupt ist dieses Rock am Härtsfeldsee nicht mit sanften Übergängen gesegnet, was aber auch ein Vorteil ist: Der geneigte Fan kann bei den nicht ganz so stilistisch gut liegenden Bands mal eine kleine Pause einlegen. Sängerin Bonnie Tyler... äh... Sänger Johannes Braun und seine Mitstreiter hatten sich definitiv das Wort "Party" fett auf die Fahnen geschrieben und traten auch so auf. Sie investierten viel mehr Schweiß und Bewegung als Need 2 Destroy vor ihnen. Natürlich hilft es beim Party machen enorm, wenn man so tanz- und singbares Gute-Laune-Material im Gepäck hat wie die fünf Reutlinger. Beim zweiten Song, "Sex Is War", gab es bereits erste Ohooohoooo-Gesänge; die Leute - ungefähr 100 Leute direkt vor der Bühne gingen hervorragend mit - hatten viel Spaß. Aber auch die restlichen 400 Anwesenden nickten wohlwollend mit. Die Band arbeitete hochkonzentriert; bei einem der besten Sounds des gesamten Festivals konnte man jede Gitarrennote, jeden perfekt sitzenden Scream differenziert hören. Trotzdem wurde gepost, was das Zeug hielt, inclusive Aktionen wie sich auf den Schultern des Roadies durch den Fotograben tragen lassen (Gitarrist Jim) . Inhaltlich kam natürlich das letzte Album Money, Sex & Power zu Ehren, neben "Sex Is War" gab es auch "I Will Be King" (Johannes schwang sich dazu einen umwerfenden roten Samtmantel mit noch viel umwerfenderem Kuhfellrand um) und den Titeltrack zu hören, ferner "Love Me, Hate Me" und "Hysteria" vom 2010er Durchbruch Addicted To Metal und "Welcome To The Jungle" vom 2008er Steel Of Swabia.
Sehr cooler Einstieg am ersten Tag!
(Kara)
Wenn Insomnium zum Ständchen laden, lässt sich der melodieverwöhnte Dark Death Doom Metaller nicht zweimal bitten und steht Gewehr bei Fuß. Wenn Insomnium dann auch endlich die Bühne betreten, sind die Jungs einfach präsent, da beißt die Maus keinen Faden ab. Insomnium müssen gar kein aufwändiges Bühnenbild auffahren oder eine abgefahrene Show aufziehen, Insomnium sind einfach da, Insomnium sind intensiv, Insomnium begeistern vom ersten bis zum letzten Ton. Eine hochmelodische Death Metal-Walze folgt der nächsten, souverän dargeboten mit wehendem Haupthaar, was von breiten Teilen des Publikums imitiert wird. Insomnium haben Spaß, das Publikum hat Spaß, viel zu schnell vergeht der Auftritt, der mit lautem Jubel und Zugabeforderungen beendet wird. Insomnium müssen unbedingt wieder nach Dischingen kommen und mit einem besseren Platz im Billing mit mehr Spielzeit versehen werden.
(Lord Obirah)
Bei Fiddler's Green war das Zelt bereits sehr gut gefüllt. Von Anfang an, als die Jungs aus Erlangen mit ihrem Speedfolk loslegten, sah man bis zum Mischpult und darüber hinaus tanzende, feiernde Menschen. Ich weiß nicht ob es ein Wahrnehmungsproblem ist, aber mir kam es vor als wären alle Leute in der vorderen Hallenhälfte unter 20. Gitarrist Pat brachte die aktuelle Handlungsempfehlung schön auf den Punkt: "Heute haben wir nicht so viel Zeit, daher: egal welche Musikrichtung ihr sonst hört, ob ihr Mettler seid, ob ihr Folk mögt - tanzt, macht Circle Pits, Hauptsache ihr bewegt euch - los gehts!" So geschah es. Sowohl auf der Bühne als auch vor der Bühne, ständig alle in Bewegung. Bei "We Don't Care" von der aktuellen Scheibe Winners & Boozers gab es den ersten großen Moshpit des Tages, auch die ersten Crowdsurfer schwankten gen Bühne. Die Leute waren so mit Feiern beschäftigt, dass sie überhaupt keine Zeit hatten an den entsprechenden Stellen mitzuschreien, wie die Fiddlers z.B. bei "Old Dun Cow" feststellen mussten. Mit "Raise Your Arms" durften die Leute ein wenig durchschnaufen, aber mit "Bugger Off" war dann wieder Action angesagt. Ein Violinen-Solo mit "Auld Lang Syne", begleitet/gefolgt von einem Drum-Solo an gewässerter Trommel - naja, ich finde auf einem Festival bräuchte es sowas nicht, aber wenns den Jungs Spaß macht, bitte. Das tat es auch sichtlich. Die Aufforderung, sich doch bitte alle hinzusetzen, wurde ungläubig aufgenommen, aber dann nach einiger Zeit recht vollständig umgesetzt. Mit einer "Wall of Folk" und "Folk's Not Dead" gab es noch ein furioses Finale, bis die Party dann leider beendet werden musste. Was für ein Spaß!
(Kara)
Arch Enemy und Angela Gossow gehören seit Jahren zusammen, wie der berühmte Arsch auf den Eimer. Vor aber gar nicht allzu langer Zeit hat sich der kleine Brüllwürfel in den Managerruhestand zurückgezogen und leitet die Geschicke der Band nun im Hintergrund. Ersatz ist ein kleiner Derwisch namens Alissa White-Gluz, die der guten Angela gar nicht so weit hinterher hinkt. Der blauhaarige Racheengel röhrt absolut beängstigend ins Mikro und tobt wie ein Rumpelstilzchen über die Bühne. Dazu gesellt sich der Rest der Band, der in Punkto Souveränität und Virtuosität nichts anbrennen lässt. Arch Enemy rocken das Haus bzw. das Zelt auch wenn der Sound nicht unbedingt das Gelbe vom Ei ist. Aber das stört bei Hymnen wie " Dead Eyes See No Future", "We Will Rise" oder dem Rausschmeißer "Nemesis" keinen so wirklich. Stattdessen ist kollektives Headbangen und Mitsingen angesagt, was den Auftritt zu einem kleinen Triumphzug werden lässt.
(Lord Obirah)
Vor zwei Jahren feierten W.A.S.P. ihren 30. Geburtstag, im Sommer 2014 tingeln Blackie Lawless und Co. von einem Festival zum anderen. Schön, dass sie auch am Härtsfeldsee Station machen. Das sehen auch viele, viele Tagesbesucher so, der Altersdurchschnitt im Zelt steigt in diesen Minuten nicht unerheblich. Aber egal, ob jung oder alt, ob true oder nicht, als das Licht ausgeht und die ersten Töne aus den Boxen schallen, ist der Jubel von vorn bis hinten groß. Offensichtlich ist Mr. Lawless guter Stimmung, denn die Show, die er und seine Sidekicks präsentieren, lässt sich gut an. Die Stimmung beginnt entsprechend zu kochen, ja fast überzukochen, der in den vorderen Reihen bildet sich ein kleiner Pit, in dem es etwas heftiger zu Werke geht, was einigen Umstehenden die Galle hoch- und Aggressionen aufkommen lässt. Wer sich davon aber nicht beirren lässt, kann dann "L.O.V.E. Machine", "I Wanna Be Somebody" oder Versatzstücke vom Crimson Idol-Album genießen. Zum Schluss scheint es Blackie dann aber doch etwas zu langweilen, denn am Ende verabschiedet sich die Band mit "Blind In Texas" 15 Minuten vor der regulären Spielzeit, was ich mir wie die Pausenmusik vom Band nach "I Wanna Be Somebody" nicht so recht erklären kann. Trotzdem ein faszinierender Gig einer Band, die trotz ihres Alters immer noch topp in Form ist.
(Lord Obirah)
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