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Konzert-Bericht

Raven, Girlschool & Harmonic Generator

Kaminwerk, Memmingen 03.12.2013

35 Jahre Girlschool wären alleine Anlass genug gewesen, um am 3. Dezember auf einen kurzen Sprung im Kaminwerk in Memmingen vorbeizuschauen, da jedoch als zweiter Headliner die NWOBHM-Legenden Raven sich die Ehre gaben, avancierte das Happening zum absoluten Pflichttermin. Nicht nur aus dem Grund, dass beide Bands in unseren Breiten nicht allzu oft zu sehen sind - vor allem mit einer "vollen" Show und nicht als Support oder auf diesem oder jenem Festival -, nein das Hauptargument liefern die Raben und die Mädchenschule seit Dekaden selbst, da beide immer noch und ohne Abstriche zu den besten Liveacts zählen, die der Metal in einem weiten Kontext gesehen je hervor gebracht hat.

So machen wir uns kuttenbehangen, denn wann, wenn nicht an diesem Abend, ist traditionelle Garderobe angebracht, auf ins Allgäu. Das Kaminwerk liegt im Eigentlichen gleich an der Ausfahrt Memmingen, sodass es sich durchaus lohnt, den Trip mit dem Auto anzugehen und in diesem Fall nicht auf in diesen Tagen stets verspätete Zugverbindungen zurück zu greifen. Lediglich 20 Euro musste man für das Ticket berappen, was heutzutage ein mehr als fairer Preis ist - insbesondere weil jeder einzelne Eurone mit Vollbedienung erstattet wurde. Leider verloren sich bei unserer Ankunft vielleicht nur 40 Nasen in der Halle, am Ende dürften es wohl an die 100 bis 120 gewesen sein. Was soll man sagen? Der metallische Nachwuchs glänzte so gut wie geschlossen durch Abstinenz, der Altersdurchschnitt lag in etwa bei 30 Jahren, wobei die Vorband Harmonic Generator diesen selbst noch zu senken wusste, dürfte das Quintett aus dem schönen Marseille auf einen Nenner gebracht doch kaum mehr als 22, 23 gewesen sein. Dennoch lieferten die Jungspunde eine ordentliche Leistung ab, wenn ihr modern angestrichener Querbeet-Metal auch nicht so ganz zu den beiden Headlinern passte. Vergleichbar in etwa mit Avenged Sevenfold, den Beatsteaks oder den 2013er Durchstartern Heaven's Basement schafften es die Franzosen jedoch, in ihren 35 Minuten einen guten Eindruck zu hinterlassen, was von allen Anwesenden gern mit Höflichkeitsapplaus quittiert wurde.

Bis zum Beginn von Girlschool war der Merchandise-Stand verlassen, lediglich ein an die Wand getackerter Raven-Patch und ein aufgehängtes Girlschool-Shirt, vor denen ein leerer Tisch stand, wiesen diesen überhaupt als einen solchen aus. Ein freundlicher Metalhead hatte sich aus freien Stücken zum Bewacher der zwei Utensilien erklärt, bis denn da irgendwann einmal jemand auftauchen sollte, der mehr Bandwear mitbrachte. Dies geschah nach dem Soundcheck von Girlschool in Person des zuständigen Toningenieurs, welcher also gleichzeitig als Händler auf der Tour fungierte. So weit so gut, wo man sparen kann, ist das durchaus erlaubt, leider ging dabei der Soundmix von Girlschool dermaßen in die Hose, dass beim Opener "Demolition Boys" nichts als ohrenbetäubender Krach und Gedröhne zu hören waren. Die Mädels nahmen's mit Humor und lachten sich erst mal schlapp bzw. den Mixer ein wenig aus. Beim dritten Anlauf klappte es dann und die drei Gründungsschulmädchen Enid Williams (Bass), Denise Dufort (Drums) und Kim McAuliffe (Git., Voc.) plus die 2000 zur Band gestoßene Gitarristin Jackie Chambers legten los und lieferten einen Gig, trotz des geringen Zuschauerzuspruchs, ab, der vor Spielfreude, routinierter Bühnenpräsenz und einfach Spaß am eigenen Tun nur so strotzte.

Girlschool

Gespickt mit längst zu Klassikern gewordenen Rock- bzw. Metal-Melodien blieben, auch was die Setlist anbelangte, keine Wünsche offen. Das erwähnte "Demolition Boys" und der Follower "C'mon Let's Go" ließen im Uptempo den Energiepegel im Rund sogleich in die Höhe schnellen und schon früh war bei "Hit And Run" Mitgrölalarm angesagt. Girlschool sind eine jener Bands, die eigentlich kein schlechtes Konzert abliefern können, was einerseits am außerordentlich sympathischen Auftreten der Combo (nach Ende des Gigs ließen es sich die Protagonistinnen nicht nehmen, jeden Photo- und Autogrammwunsch zu erfüllen bzw. sich auf die eine oder andere Talkrunde mit den Fans einzulassen) liegt, andererseits schlicht am klasse Songmaterial. Seien es "Screaming Blue Murder" oder das rassige "Kick It Down", seien es das exzellent inszenierte "I Spy" oder die Hymne "Race With The Devil" - alles Evergreens, die zu recht einen besonderen Platz in den Annalen hart rockender Musik eingenommen haben.

Girlschool
Den Schlussakkord lieferte wie immer das aus den frühesten Tagen der Band, als die Mädchen mit Lemmy um die Häuser zogen, stammende "Emergency". Verschleißerscheinungen nach 35 Jahren Girlschool? Zero! Es schien eher so, als dass die Band sich aufmacht, auch die nächsten 35 in Grund und Boden zu rocken.

Nach kurzer Umbauphase lag es an den Brüdern Gallagher und ihrem langjährigen Kompanion Joe Hasselvander (an den Drums), den Ball aufzunehmen und das Level zu halten, was aber mehr als gelang! Als Raven 1975 in Newcastle gegründet wurden, erblickte der Rezensent gerade das Licht der Welt. Udo Jürgens stand mit "Griechischer Wein" an der Spitze der deutschen Singlecharts, der Vietnamkrieg fand sein Ende, in der DDR war man mehr denn je vom sozialistischen Projekt überzeugt und Helmut Schmidt sah sich als Bundeskanzler der inneren Bedrohung durch die RAF gegenüber. Doch nichts zeugte davon, dass hier in die Jahre gekommene Veteranen auf der Bühne standen. Raven werden bis heute als eines der Aushängeschilder der NWOBHM geführt, letztlich hat die Band jedoch über die Jahrzehnte einen ureigenen Stil entwickelt, der einfach nicht zu kopieren ist. Ihre spezielle Mischung aus Mitsing-Refrains, musikalischer Finesse, Bühnenwahnsinn und roher Energie wird für immer unerreichbar bleiben - wovon man sich auch an diesem Abend reichlich überzeugen konnte. Erstaunlich, wie drei m.E. ältere Typen so viel Spannung erzeugen können, der Funke sprang beim Opener "Take Control" und dem gleich darauf folgenden Übersong "Live At The Inferno" stante pede sprichwörtlich über.

Raven

Schon bei "Hard Ride" und dem anschließenden "Rock Until You Drop" wurde einmal mehr deutlich, was für großartige Musiker John (Voc., Bass) und sein Bruder Mark Gallagher (Git.) doch sind. Das Stageacting vor allem des Letzteren verdient immer noch die Note 1+. Absolut irre, wie er seine Gitarre malträtiert und bei den Soli immer wieder ein paar Classic-Riffs aus der übergreifenden Geschichte des Rock n' Roll einstreut. Die Setlist barg einige Überraschungen: so wurden beispielsweise das brachiale "Into The Jaws Of Death" und das wahnwitzige "Gimme A Break" (vom 88er Album Nothing Exceeds Like Success) oder "Speed Of The Reflex" (von Life's A Bitch, 1987) gezockt. Aber auch Fans der früheren Platten kamen mit "Mind Over Metal" oder "For The Future" (Excellente!!!) nicht zu kurz. "On And On" stellt für viele Anhänger, nicht zuletzt durch seinen relativ hohen Bekanntheitsgrad, den Raven-Song schlechthin dar, im Eigentlichen fängt jedoch "Break The Chain" (durchsetzt diesmal mit Versatzstücken aus "Genocide", "War Pigs", "Great Balls Of Fire" u.v.m.), das als letztes gespielt wurde, alles ein, wofür die Band steht - den Wahnsinn in Musik transferiert!

Raven

Zum Abschluss fällt mir ein Wort ein, um diesen Abend zusammen zu fassen: Anschauungsunterricht. Für die jetzige Generation und alle Metaller, die da noch kommen mögen. Anschauungsunterricht in Sachen Heavy Metal, wie er von Anfang an gemeint war: rüde, aufrüttelnd, emotional, energiegeladen. Anschauungsunterricht in Sachen Spielfreude und nimmermüdem Enthusiasmus. Anschauungsunterricht, wie man mit einer gehörigen Portion Durchhaltevermögen, absoluter Authentizität und noch mehr Glauben an die eigene Musik etwas Ureigenes erschaffen kann, das dann bleibt. Wir hoffen inständig auf weitere Jahrzehnte mit Girlschool und Raven!!

Setlist Girlschool:
Demoltion Boys
Come On Let's Go
The Hunter
Hit And Run
I Spy
Screaming Blue Murder
Future Flash
Kick It Down
Watch You Step
Nothing To Lose
Race With The Devil
Emergency

Setlist Raven:
Take Control
Live At The Inferno
All For One
Hard Ride
Rock Until You Drop
Into The Jaws Of Death
Speed Of The Reflex
Mind Over Metal
Gimme A Break
For The Future
On And On
Break The Chain

Fuxx

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