11 Headbänga online
Suche:
23.04.2024 Marduk
23.04.2024 Bulletproof
24.04.2024 Midnight
25.04.2024 Traveller
25.04.2024 Slash Feat. Myles Kennedy And The Conspirators
28.04.2024 Nanowar Of Steel
Reviews (10417)
Navigation
Artikel des Tages
Review:
Fueled By Fire

Interview:
Scar Symmetry

Live-Bericht:
Death Angel

Video:
Mnemic
RSS RSS
Atom Atom
 

Festival-Bericht

Bang Your Head!!!

mit Edguy, Venom, Exodus, Gotthard, Thin Lizzy, Arch Enemy, Sabaton, Primordial, Kamelot, Powerwolf, Primal Fear, Axxis, Armored Saint, Tankard & Firewind

Messegelände Balingen, Balingen 13. & 14.07.2012

Samstag, 14.07.2012

Nachdem ein Festivaltag ohne Tannenzäpfle-Bier nicht ordentlich beendet wird, brauchen wir am Folgetag doch etwas länger, um wieder aufs Gelände zu gelangen - und sehen entzückt, dass an diesem Tag gottlob die Sonne lacht. Sie ist auch gar kein allzu großer Drecksack und verschont uns vor übermäßiger Hitze.

Von den Amis Breaker, die 2008 schon einmal anwesend waren, erwischen wir grade noch den letzten Song, bei dem die Herren aus Cleveland das 30jährige Bandjubiläum durch gewaltsames Entfernen von Gitarren- und Bass-Saiten feiern. Ok, wenn ihr meint.

Aber egal, jetzt wird's sogleich lustig, und zwar noch mehr als erhofft. Die Hessen-Thrasher von Tankard sind live immer eine Bank, und seit Eintracht-Frankfurt-Fan Gerre mal nur noch locker die Hälfte wiegt, ist der Kerl agil wie eine Sprungfeder. Vom ersten Song "Zombie Attack" an verbinden die Hessen musikalischen Tritt mit Spielfreude und hohem Sympathiefaktor, der die ansehnlich Menge sofort begeistert. Gerre kommentiert den Sonnenschein mit "wir haben schönes Wetter dabei, und ein paar Scheiß Songs!", bevor es mit dem feinen "The Morning After" (bei der Tournee damals mit dem unvergleichlichen "Wart ihr schon mal auf 'ner Partyyyy?" angesagt, das vergesse ich nie, das war poetische Größe also ehrlich) weiter auf die Zwölf geht. "Slipping From Reality" macht wie immer Freude, nicht zuletzt den beiden Fans, die den Auftritt auf einer Bierkiste (was sonst) sitzend auf der Bühne verfolgen dürfen. "Stay Thirsty" gereicht zum passenden Motto, und Gerre verweist darauf, man feiere mittlerweile 30 Jahre Tankard und sei zu richtig alten Säcken geworden. Macht nix, wenn sogleich eine so benannte Nicole aus dem aktuellen Video auf den Plan tritt und Gerre ordentlich den Hintern versohlt (echt!). "Das hat weh getan, Nicole, ich werd alt", kichert der Fronter, bevor er zu einer Zeitreise ins Jahr 1987 einlädt und "The Chemical Invasion" folgt. Flugs schnappt er sich nun die Mütze eines Kameramanns und kommentiert in breitem Hessisch: "Die kriechste erst widder, wenn de Äppelwoi mit mir trinkst!" Gesagt, getan, und einen Eintracht Uffstiegs Schoppe aus der Dose gezwitschert, so wie das mein Mitstreiter und ich ebenfalls oftmals pflegen. Die Landsmannschaft finde ich irgendwie anheimelnd. "Könnt ihr noch? Wir nicht, wir sind alte Säcke!", leitet Gerre die Abschlussnummer ein, und bei "Empty Tankard" eskaliert die Lage dann vollends, als man alle mehr oder weniger hübschen Damen auf die Bühne bittet und somit gegen Ende ein buntes Gewimmel von mindestens 25 Leute da oben rumspringt. Sehr genial. Runde Leistung, erstes Highlight des Tages.

An Axxis konnte ich mich nur noch finster erinnern, das war ziemlich melodisch mit einem hohen Gesang, hatte ich auf Kassette im Auto. Naja vielleicht spielen sie ja dieses Kingdom-Dingens, das war doch ganz gut. Als die Jungs um Fronter Bernhard Weiß dann losballern, stellt sich das als richtig heraus - jawoll, sie steigen gleich mit "Kingdom Of The Night" ein, und das ist wirklich so mitreißend wie 1989, als sie mit dem gleichnamigen Album ein echtes Debüt-Hit-Wunder lieferten. Sauerei, das ist gut! Man spielt ein Retro-Set nur mit Songs aus der Ära 1989-1993, erklärt Herr Weiß, bevor es dann mit "Rolling Like Thunder" weiter zur Sache geht. Hossa, hier geht was. "Wir spielen heute Sachen, da waren wir in der Pubertät", albert Weiß herum, und weiter im Text mit "A Little War" und einem Song, den man angeblich nur wegen Balingen geschrieben hat - "Heavy Rain". Auf die Dauer und am Stück fehlt irgendwann ein wenig Härte und Biss, aber nun holt der gute Pernhard einen kleinen Jungen auf die Bühne, der mit wallender Langjahr-Perücke und aufblasbarer Gitarre mal ordentlich den Chef machen darf. "Mach mal irgendwas, die machen alles nach da unten, und ich krieg dafür Geld", erklärt der Fronter sein einleuchtendes Geschäftsmodell. Der kleine Besucher namens Justin zeigt sich unerschrocken, führt Gesangschöre und wedelt das Tambourin. Nach dieser schönen Einlage gibt es ein akustisches "Touch The Rainbow", und das auch hervorragende "Living In A World" bildet einen würdigen Abschluss. Die erste positive Überraschung des Tages!

Auf dem Menu steht weiter Hausmannskost aus deutschen Landen, und die mundet in der traditionellen Ausprägung bekanntlich besonders gut. Primal Fear sind ein gern gesehener Gast auf jedem Festival, da der zutiefst klassische Metal der Judas Priest-Schule einfach immer und überall gut ankommt. Nach einigen Line-Up-Wechseln - Gründungsmitglied Tom Naumann ist zwar wie jedes Jahr mit hochstehenden Haaren und Sonnenbrille im Publikum, aber seit längerem nicht mehr auf der Bühne. Aber Mat Sinner und seine Freunde legen mit "Strike" gleich fetzig los, und so aus der Nähe bekommt man es ganz schön mit der Angst zu tun, wenn Muskelberg Ralf Scheepers so ins Mikro ballert, dass die Halsadern zu bersten drohen. Aber gut bei Stimme ist er, so dass auch die neue Nummer "Bad Guys Wear Black" mit dem spaßigen Refrain-Teil "Bang Your Head" - passend, meint auch Scheepers - und auch das gemächlichere "Seven Seals" Freude machen. Meister Sinner ist gut drauf und liefert schmackige Backing Vocals, und so zündet die teilweise ja hier um die Ecke herstammende Truppe (Esslingen, sag ich nur, da wo auch der feine Comicladen Sammlerecke zu finden ist) eine teutonische Metal-Granate nach der anderen, bis mit einem wunderbar krachigen "Metal Is Forever" Schicht ist. Immer gut, immer Qualität, immer wieder gerne.

"Hello! We are Primordial from the Republic of Ireland! One question: are you with us?" Bandkopf Alan Nemtheanga lässt von Anfang keinen Zweifel aufkommen: wir sind hier nicht zum Spaß, Freunde. Nein, Primordial zelebrieren hier ihre düstere Mischung aus Metal, Doom und keltischen Einflüssen genau so, wie man das von ihren Auftritten gewohnt ist. Cheffe Nemtheanga erscheint wieder in voller Kriegsbemalung, also kreidebleich, mit aufgemaltem (?) Blut, und schaut finster dräuend in die Menge, während das unheilvolle Geschehen mit "Gods To The Godless" seinen Lauf nimmt. Das ist wie immer viel zu früh am Tag, bei Sonnenlicht, und trotzdem entfalten die düsteren Epen ihre Atmosphäre. "Lain With The Wolf" und "As Rome Burns" heißen die weiteren Steuerknüppel, der Fronter kniet wie stets permanent vor der Menge und erweist sich als würdiger Zeremonienmeister. Gesegnet mit gutem Sound, können Primordial auch heute wieder einiges reißen, auch wenn der eine oder andere ihren letzten Besuch in Balingen nicht erleben durfte. Nach dem obligatorischen "Coffin Ships" und einem mächtigen "Empire Falls" verabschiedet man sich kraftvoll: "No surrender - no retreat - and no regrets!" Jawohl, so machen wir das. Gut!

So, und jetzt endlich zu der Kombo, wegen derer mein Mitstreiter nicht zuletzt den Weg nach Balingen angetreten hat: der Kollege fährt nämlich auf homosexual heavy metal from Sweden ab, und den macht natürlich niemand besser größer und schöner als die Tarnhosenbrigade Sabaton. Nach einem sehr langen Intro ("The Final Countdown", man bleibt also im Lande) springt man endlich auf die Bühne und ballert mit "Ghost Division" los. Die üblichen Pyros überall, epischer Power Metal at its best, Joakim Broden am Mikro mit der allseits beliebten Brikett-Frisur und den Blechplatten auf der Jacke - so muss das sein, so macht das Freude. "Uprising" gefällt ebenso, bevor der gute Herr Broden dann ein durchaus manierliches Deutsch demonstriert ("Ruhe bitte!") und die Meute auffordert, "Gott Mit Uns" möglichst laut zu intonieren. Man könnte ja ein Grundsatzproblem anmelden, dass die immer gleiche Kriegsthematik hier natürlich zur Nummernshow wird, und ob man hiermit dem durchaus ja düsteren Gehalt gerecht wird, ist fraglich - aber nehmen wir es mal als künstlerische Freiheit, dass Songs über solche Schattenseiten des Lebens so viel Spaß machen können. "40:1" schlägt in die gleiche Kerbe, und Broden kommentiert nicht zuletzt den angeschlagenen Zustand einiger Schlachtenbummler: "I know a lot of you are hung over from yesterday. I can tell - those with a hangover only headbang once!" Man reiche ihm doch ein Bier, meint er dann, und kritisiert dann humorig: "Das ist nur eine kleine Bier! Dummkopf!" Ja, alter Schwede, kann man da nur sagen..."Cliffs Of Gallipolli" reißt wieder alles um, wobei Broden sich ausgiebig dafür bedankt, dass das teilweise erneuerte Line-Up mit offenen Armen empfangen wird (ähem, Meister, ich glaub den meisten hier das relativ wurscht, die wollen die Show sehen und nix weiter...). Naja, wie dem auch sei, "Into The Fire" knallt mit mittlerweile querschießenden Pyros, "The Art Of War" zündet, und "Metal Crüe" bildet einen würdigen Abschluss. Die Menge ist aus dem Häuschen, mein Kollege nickt zustimmend (bei Arch Enemy konnte er gestern noch wie ein Flummi umherspringen, das fällt heute aus unerfindlichen Gründen aus) - das pinke Trikot für den Tagessieg geht an... die netten Herren aus Schweden.

Schnell rübergehuscht in die Halle, wo nun die Rehabilitation Griechenlands in die zweite Runde geht - präsentierte uns Gus G. mit Firewind noch eine Melodic-Attacke, zimmern uns die Suicidal Angels nun ein ordentliches Thrash-Brett in die Kauleiste. Das steht ganz in der Manier alter Recken vom Schlage Testament und Exodus, und Nummern wie "Reborn in Silence" hauen ordentlich rein. Und da lassen sich die Anhänger des Genres doch auch mal tatsächlich zu den zugehörigen Ingredienzien hinreißen - es gibt eine saubere Wall Of Death und auch einen Circle Pit, in dem dann Schaffer, aber auch Beamte im gehobenen nichttechnischen Dienst und Sparkassen-Filialleiter (die erkennt man jeweils am Haarschnitt, an der Uhr und an fehlenden Körperverunstaltungen) fröhlich mitrennen. Hart, technisch gut, brachial. Fein!

Herrgott ist das ein Rumgespringe, wir wollen natürlich auch den eidgenössischen Beitrag des Festivals nicht vernachlässigen. Gotthard mussten ja vor nicht allzu langer Zeit den tragischen, viel zu frühen Unfalltod ihres Sängers Steve Lee verkraften - mit Nic Maeder hat man einen Ersatzmann rekrutiert, der die Stücke durchaus gekonnt inszeniert. Die Herren eröffnen mit "Dream On" und "Gone Too Far", wobei das Keyboard technische Probleme bereitet und lustig quietscht. Weiter mit "Top Of The World", alles schön und recht, aber das ist halt alles schon arg kommerziell und auf Hit getrimmt - mein Mitreisender diktiert mir ein empörtes "Sch...Pop-Musik" in die Feder respektive den Kugelschreiber. Das ist vielleicht ein wenig hart, weil das Purple-Cover "Hush", eine schöne Akustik-Einlage, die man Lee widmet, und auch "Mountain Roller" natürlich keine Brecher, jetzt aber auch nicht schlecht sind. Die melodische Ecke wird ja immer bedacht, aber an diesen Slots haben Thunder oder Krokus schon mehr geglänzt.

Wir blenden wieder über in die Halle, wo nun Metal-Über-Obermeister Peter Tägtgren (der ja im übrigen eben festgestellt hat, dass Sabaton gay metal from Sweden fabrizieren - er muss es wissen, er produziert die Jungs) mit seiner Formation Pain eine ganz eigentümliche Mischung aus Metal, Elektro und - trauen wir uns das sagen? - Techno serviert. Kann das funktionieren? Ja, es kann! Der gute Peter trägt ein komisches Gefächsel als Hemd, die Songs kommen mal schnell, mal stampfend - aber immer beeindruckend diese Sounddichte und der Ideenreichtum. Dass hier durchaus extreme Kost gereicht wird, zeigt dann der Gastauftritt von Exodus-Grunzer Rob Dukes, mit dem man "Shut Your Mouth" rausfeuert. Bestens!

Ob Edguy wahre Headliner-Qualitäten haben, auch darüber lässt sich streiten. Klar sind das sympathische Jungs, klar sind sie erfolgreich, aber wenn man mal überlegt, welche Bands von internationalem Renommee schon die Bretter von Balingen geziert haben, muss man schon konstatieren, dass Metal made in Fulda da nicht ganz hinkommt, auch wenn sie 2007 schon mal den Job erledigten. Egal, wir schauen uns das mal an, und "Nobody's Hero" kommt schon gut. Tobi rockt wie gewohnt im langen Schal, quasselt sich einen ab ("Ich bin kein Mann der vielen Worte", also der Gag war wirklich gut), aber dass das folgende "Tears Of A Mandrake" großes Kino liefert, daran gibt's keinen Zweifel. Nachdem der Herr sich zu der Aussage versteigt, dass der Auftritt in Tschechien deutlich besser gewesen sei, kommt sogar der Ober-BYH-Organisator auf die Bühne und stellt die süffisante Frage, wer denn wohl deutscher Meister geworden sei - tja und das ist nunmal nicht Tobis Lieblingsmannschaft, was er mit einem "Fußball und Metal funktioniert nicht" abkanzelt. Nun kündigt er an, man werde ein Set aus lauter kaum oder nie gespielten Songs bringen, und "Spooks In The Attic" vom Superheroes-Minialbum kracht ordentlich auch wenn es noch nie live dargeboten wurde. "Was wollt ihr? Wollt ihr was von Manowar? Können wir nicht, zu schwer für uns!" OK der war gut, es folgt "Rock Of Cashel" und "9-2-9", bei dem es Tobi doch tatsächlich schafft von der Bühne zu purzeln. Der Party-Kracher "Lavatory Love Machine" darf nicht fehlen, nach einem Drum-Solo und weiteren Spaßgaranten wie "Superheroes" oder "Save Me" gibt's dann mit "The Trooper" sogar ein Cover der besten Band der Welt zu bestaunen. Tja, DAS wär mal ein Headliner, hach... mit "Out Of Control" und "King Of Fools" gibt's noch zwei feine Zugaben, und dann ist endgültig Ruhe im Karton.

In der Halle beschließen Exodus mit ihrem beinharten Thrash den zweiten Tag zu nachtschlafener Zeit, und wieder einmal fragt man sich, warum den Herren um Gary Holt der große Durchbruch eigentlich verwehrt geblieben ist. Brecher wie "War Is My Shepherd", "Toxic Waltz" und natürlich das unvergleichliche "Bonded By Blood" bringen die letzten verbliebenen Aufrechten genauso in Wallung wie schon beim ersten Balingen-Besuch 2009. Rob Dukes grunzt, dass es eine Art hat, Gary Holt feuert messerscharfe Riffs ins Rund, und die Meute geht steil. Top zum Abschluss - wenn auch reichlich spät.

Was bleibt, ist ein wie immer hervorragender Gesamteindruck - Top-Organisation, absolut geeignetes Gelände, entspannte Security, aber leider auch durchaus gesalzene Preise, und das Fehlen eines absoluten Krachers als Headliner. Aber für nächstes Jahr hat man das schon erledigt - das Billing für 2013 steht in großen Zügen nämlich schon. Da werden dann Saxon, Accept, Lordi und Iced Earth für eine ordentliche Sause sorgen. Schon mal im Kalender anstreichen - 12. und 13. Juli 2013 heißt es wieder Schüttelt die Köpfe. Wir werden dabei sein, immerhin isch desch Zschimmer in Nuschblinge scho rescherviert.

Holgi

Vorherige Seite12

Zur Übersicht
Zur Hauptseite


© www.heavyhardes.de