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Konzert-Bericht

Tarja Turunen, Leaves' Eyes & Kells

Backstage, München 06.05.2011

(Fotogalerie)

Dänen lügen nicht, und Finnen halten auch ihr Wort. So geschehen wieder am letzten Freitag: die holde Frau Turunen hatte uns ja schon im Dezember letzten Jahres als Support für den Obergeisterbahnfahrer und Elektronikmarktkettenvermarkter Alice Cooper versprochen, bald wieder im Lande zu sein. Gesagt, getan, und so gastiert die What Lies Beneath-Tournee doch in der Tat auch in unserer schönen Stadt. Nachdem im Vorfeld eigentlich kaum Promotion zu sehen gewesen war, mochte der eine oder andere sich bange fragen, ob denn hier ausreichend Zuspruch herrschen möge. Nun, diese Zweifel zerstäuben schon angesichts der wie immer angespannten Parkplatzsituation flugs, und als die beiden Redakteure eures Vertrauens sich zu den Klängen der ersten Akteure des Abends einfinden, ist der Innenraum des Backstage Werkes schon gesteckt voll.

Kells
Die für ursprünglich angekündigten A Life Divided einspringenden Franzosen Kells lassen sich die Butter denn auch definitiv nicht vom Brot nehmen und fahren mehr als nur einen Achtungserfolg ein. Zwar stehen den Herren und der Dame nur magere 30 Minuten Spielzeit zur Verfügung, aber die nutzen die Kollegen weidlich aus. Die Frontdame Virginie in einem wundersamen Hosenrock beherrscht interessanterweise sowohl das Goldkehlchen- als auch das Grunzhandwerk, so dass das übliche Schöne-und-das-Biest-Spielchen hier in Personalunion ablaufen kann. Geboten wird eine durchaus ansprechende Mischung aus Gothic und Nu Metal (ja richtig gelesen), wozu auch der Basser im Korn-Look passt. Mit einer für eine Support-Support-Band durchaus nicht üblichen Publikumsaufmerksamkeit bedacht, bringen die Herrschaften den Laden somit schon mal ordentlich in Schwung.

Leaves' Eyes
Nach einer flinken Umbaupause geht's weiter im Text mit Leaves' Eyes, die soundtechnisch ja zur Hauptattraktion passen wie die Rüsche auf das Rauschehemd. Das letzte Studiowerk Meredead konnte ja den geneigten Schreiberling vollauf überzeugen, so dass ich mit durchaus erhöhter Erwartungshaltung der Dinge harre. Wobei die Hauptfrage natürlich ist, ob Frontfrau Liv Kristine (von unverbesserlichen Zynikern gerne schnell als Blondie verunglimpft) auch live das hält, was selbst im Studio bisweilen a bissi dünn daherkommt. Also schauen wir mal, los geht's mit "Spirit's Masquerade", dem Opener der neuen Scheibe, der auch live durch verquere Komposition nicht gerade Anheizerqualitäten hat. Aber, meine Freunde, die Dame ist a) wie stets schön im roten Brokatkleid zu bestaunen und b) stimmlich aber so was von auf der Höhe. Meine Herren, das hatte ich dann doch nicht erwartet. Gar famos! Wo nur, fragen wir uns, ist ihr Mitkämpe und Angetrauter? Na, einstweilen bestaunen wir der Haarrotor der Gitarrenfraktion und nehmen sehr zustimmende Publikumsregungen zur Kenntnis. In gutem Deutsch begrüßt uns die Holde dann auch brav ("sehr schön, euch alle zu sehen"), bevor mit "Velvet Heart" der erste richtige Kracher ausgepackt wird. Schon auf Konserve ist dieser straighte Rocker ein Stimmungsgarant, und hier hebt nun langsam aber sicher das gescheckte Nutztier vom Boden ab. Soundtechnisch geht alles klar, die Band spielt tight, die paar eingestreuten Samples für das folkloristische Genudel verzeihen wir, und das Livchen straft alle Zweifler Lügen. Und jetztert, na also, da isser, der Obercheffe mit seiner zwei Meter langen Haarpracht entert die Bretter, und das heißt: ab jetzt gibt's auch derbe Grunzer - gleich zu bestaunen beim herausragend gebolzten "Take The Devil In Me", bei dem Meister Krull auch gleich den Hauptanimateur gibt. "Our Destiny" setzt noch einen drauf und schraubt die Stimmung weiter in die Höhe - und auch die Temperaturen, die gerade im vorderen Bereich Saunaqualitäten erreichen. "Édain" vom neuen Album glänzt noch heller als auf Konserve (hey, ein Song, der mit der Zeile "You fill my soul with magic" endet, kann nicht schlecht sein!!), und die Dame erteilt Anschauungsunterricht in reduziertem Ausdruckstanz. Wie uns Herr Krull danach informiert, zieht sie die Tour durch, obwohl sie einen Bänderriss erlitten hat (wo schon erwähnte Zyniker einwerfen, man meine doch wohl sicher einen Stimmbänderriss - Frechheit!) - Respektinger Sepp, sagen wir da. "Solemn Sea" wird gefolgt von dem superben "Elegy", bevor "To France" das Highlight der gesamten Chose liefert. Meine Herrschaften, nie klang der gute alte Mike Oldfield so krachig, melodisch und melancholisch. Ganz ganz großer Rennsport. Und eine gar treffliche Einstimmung auf die kommende Headlinerin. Dass die gute Liv nach den Geschehnissen noch höchst leutselig am Merchandise-Stand ausharrt, CDs signiert und ihr Gesicht in diverse Kameras hält, spricht weiter für die Kombo. Fein!
(Holgi)

Tarja
Es folgt ein umfassender Umbau samt Soundcheck, der unser aller Geduld und Leidensfähigkeit im mittlerweile brütend heißen Backstage Werk gehörig auf die Probe stellt. Knapp 40 Minuten gilt es nun auszuharren, während die Bühne mit einem großen, transluzenten Tuch, welches das aktuelle Albumcover ziert, verschleiert wird.
Um kurz nach 22:00 Uhr ist es dann schließlich soweit. Die Lichter gehen aus, frenetischer Jubel füllt den Raum und zu den Klängen eines Introitus erkennt man die Silhouetten der Musiker, die ihren Platz auf der Bühne einnehmen, während Tarja die Gäste in unerwartet gutem Deutsch begrüßt. Sogleich ertönt "Anteroom Of Death" in feinstem Klang aus den Boxen und bringt Bewegung in die Reihen begeisterter Fans, die sich an diesem Abend aus einer kunterbunten Klientel rekrutieren. Da stehen kreischende Teenager zwischen Gothics und Metalheads in den vorderen Reihen. Da stehen ergraute Schaulustige, um Dekaden älter noch als selbst unser Holgi in den hinteren Reihen und auf den Rängen und jubeln und beäugen neugierig das halbverborgene Treiben auf der Bühne. Dann endlich, nach einem gezielt gesetzten Break, fällt auch der Vorhang und erlaubt die freie Sicht auf das Objekt der Begierde dieses Abends. In langem schwarzen Gewand stimmt die Finnin sogleich "My Little Phoenix" an und ist dabei in ihrem Element. Hat man vor einigen Jahren, nach dem Nightwish-Split, noch spekuliert, ob die kleine Dame mit der ganz großen Stimme der Metalszene treu bleiben würde und ob sie das vielleicht nur macht, weil sie in der Welt der klassischen Musik nur eine unter vielen wäre, so weiß man angesichts solcher Szenen: sie tut es, weil sie Spaß daran hat. Gestenreich untermalt sie ihre Songs, während sie gekonnt mit dem Publikum flirtet. Dabei lässt sie keine Gelegenheit aus, in klassischer Rockermanier zu posieren, wenn sie sich abwechseln an die Seite ihrer männlichen Kollegen stellt. Nicht lange dauert es, da erklingt mit "I Walk Alone" einer der markantesten Songs ihres Debüts und treibt vermutlich nicht nur mir einen wohligen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Ganz großes Kino!
Tarja
Danach verschwinden alle Musiker bis auf einen. Drum-Monster Mike Terrana hält nicht nur die Stellung, sondern unterhält die Audienz mit seinem über sechsminütigen XXL-Drumsolo zu musikalischer Begleitmusik vom Band. Junge, lässt dieser schon betagte Herr mit dem Irokesenschnitt dort oben die Sau heraus! Da fliegen regelrecht die Fetzen und zu guter Letzt auch noch ein Crash-Becken in weitem Bogen auf die Bretter der Bühne. Ein kleiner Reparatureingriff wird nötig, ehe es weitergehen kann. Doch Tarja nutzte die kurze Pause und erscheint nun in neuem Outfit mit langem, schwarz-weißem Lederrock und raffiniertem Oberteil aus zerrissenem Leder. Weiter geht's mit "Little Lies" und "Underneath", ehe Fans von Nightwish mit "The Siren" belohnt werden. Leider funktioniert das Mikro ihres Kollegen an der Gitarre, der nun die männlichen Gesangsparts in diesem Stück beisteuern soll, nicht so richtig, sodass man ihn erst gegen Ende der Nummer auch zu hören bekommt.
Tarja
Es folgt ein weiterer Umbau, zu dem sich die Band sitzend in Bühnenmitte platziert und mit Nightwishs "Higher Than Hope" einen ausgedehnten Exkurs in rein akustische Klänge einläutet. Über vier Songs erstreckt sich nun dieses Zwischenspiel aus ruhigen, balladesken Tönen, bei dem Tarja zuletzt selbst das Keyboard bedient. Das zieht sich ganz schön in die Länge... drei Songs hätten da doch sicherlich auch gereicht. Quasi als Kontrastmittel und Wachmacher serviert uns die Truppe mit "Ciaran's Well" sogleich eine der härtesten Nummern aus Tarjas Repertoire. Na bitte, geht doch! "Crimson Deep" folgt auf den Schritt und schon verlassen die Musikanten erneut ihren Arbeitsplatz, um kurz darauf unter lautem Jubel für die Zugabe zurückzukehren. Tarja erscheint nun im langen weißen Kleid und "End Of All Hope" bietet erneut der anwesenden Nightwish-Fraktion ein feines Fresschen. Zuletzt wird das euphorische Publikum noch mit "Die Alive" vom Erstling entlohnt, ehe das Konzert mit "Until My Last Breath" nach etwa 100 Minuten dann doch sein Ende findet.
Zwar hätte sich manch einer sicherlich noch über "Falling Awake" gefreut - das akustische Getiller hätte dafür ruhig etwas kürzer sein dürfen - aber alles kriegt man eben nicht. Und überhaupt darf man zufrieden sein. Denn an diesem Abend hat die Metal-Diva, an der sich alle Kolleginnen in der Szene messen lassen müssen, einmal mehr bewiesen, dass sie das Zeug zur Entertainerin hat. Über ihre stimmlichen Qualitäten braucht man ja ohnehin kein Wort mehr zu verlieren.
(Dagger)

Setlist Tarja:
Anteroom Of Death
My Little Phoenix
I Feel Immortal
Dark Star
I Walk Alone
Drumsolo by Mike Terrana
Little Lies
Underneath
The Siren (Nightwish)

acoustic-part:
Higher Than Hope (Nightwish)
We Are
Minor Heaven
The Archive Of The Lost Dreams

Ciaran's Well
Crimson Deep

-------------------

End Of All Hope (Nightwish)
Die Alive
Until My Last Breath

Holgi & Dagger

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