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Festival-Bericht

Earthshaker Fest

mit Hammerfall, Saxon, Lordi, Testament, Wintersun, Die Apokalyptischen Reiter, Caliban, Soilwork, Rage, Equilibrium & Evergrey

Festivalgelände Rieden, Rieden/Kreuth 20. - 22.07.2006

Freitag, 21.07.2006

Am Freitag stieg dann der erste offizielle Festival-Tag, und die Rahmenbedingungen hierfür waren klar abgesteckt: haaaaaaaaaaaaaaas. Auf dem Gelände lastete eine derartige Gluthitze, dass der Leibhaftige selbst wohl seinen Spaß gehabt hätte. Bei gefühlten 80 Grad hatte die Meute anfangs auch kaum Lust, vollen Einsatz zu zeigen, was die ersten Acts wie Equilibrium und Evergrey deutlich zu spüren bekamen - auch der Schreiberling gibt zu, sich lieber im Schatten eines LKWs versteckt zu haben, aber sein Glück im Moshpit zu versuchen. Wintersun waren die ersten, die auf eine vernünftige Menge geneigter Zuhörer blicken konnten. Der Melodic Death der Finnen (woher sonst) um den Ensiferum-Fronter Jari Mäenpää traf denn auch bei einer gehörigen Anzahl den Nerv, und so wurden Nummern wie "Beyond The Dark Sun" oder "Battle Against Time" so zünftig abgefeiert, wie es bei den Backofen-Temperaturen eben möglich war. Sichtlich angetan, lieferten Wintersun mit sattem Sound (vor allem die Keyboard-Einsätze kamen gut rüber) eine stimmige Leistung, die mit "Beautiful Death" und "Starchild" einige sehr schöne Momente zu bieten hatte. Kaum war das Set allerdings absolviert, verschwand jeder halbwegs normal Gepolte in den wenigen Schatten, den es gab - ich hechtete wieder hinter meinen LKW.

Als Nächstes stiegen Die Apokalyptischen Reiter in den Ring, auf die live ja bekanntlich immer Verlass ist. Mit einem fröhlichen "Friede sei mit Euch!" stieg Sänger Fuchs ins Geschehen ein und forderte die Zuhörer auf: "Dreht durch, ihr kleinen Wichte!" Trotz für ein Open Air wirklich gutem Sound und einer fetten Setlist, darunter "Barmherzigkeit" und "Sehnsucht" forderte die Hitze aber auch bei der Reiterarmee ihren Tribut: es gab zwar reihenweise "Reitermania"-Sprechchöre, aber so recht durchdrehen wollten und konnten die Wichte nicht. Nach einer gelungen Hammerfall-Parodie ließen die Reiter mit "Erhelle Meine Seele" und natürlich "This Is Our Song" allerdings noch echte Granaten vom Stapel, die dann doch noch das Ruder herumrissen und für gute Laune sorgten - zumal die Menge mittlerweile rege mit kaltem Wasser bespritzt wurde (Lob an die Organisatoren). So ging bei "Die Sonne Scheint" und "Reitermaniacs" doch noch einiges, und auch "Ghost Riders In The Sky" riss die Meute mit. Zu guter Letzt hatten die Reitersleute auch noch eine Überraschung auf Lager: nämlich den Titelsong ihres neuesten Streichs "Riders On The Storm" (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Doors-Titel), der ab August in den Regalen stehen wird. Alles in Allem bemerkenswert, wie viel die Jungs bei diesen Graden zu Stande brachten und danach auch noch geduldig für eine Autogrammstunde zur Verfügung standen. Respekt! Und im Backstage-Bereich sah man Fuchs dann noch lange entspannt abhängen. Einfach sympathisch.

Weniger gut erging es dann dem nächsten deutschen Act Caliban: "Wir fallen hier etwas aus der Reihe", erkannte Frontbrüllwürfel Andy Dörner schon früh, und genau das war das Motto dieses Gigs. Das deutsche Aushängeschild in Sachen Metalcore machte seine Sache zwar gut, doch interessieren wollte das einfach fast niemand. Das Earthshaker zielt mit seinem Line-Up eben doch eher auf die Traditionalisten, und die konnten mit Nummern wie "Stigmata" oder "My Little Secret" wenig bis nichts anfangen. "Wenigstens die ersten paar Reihen", forderte Meister Dörner immer wieder auf, aber die Wall Of Death war hier höchstens ein Mäuerchen des Kränkelns. Am Ende gabs dann noch nicht mal Anstandsapplaus, was der Leistung definitiv nicht gerecht wurde. Nicht ärgern, Freunde, lag nicht an euch.

Wie ein Fisch im Wasser konnten sich dagegen Rage fühlen, die von der Menge vom ersten Track "Speak Of The Dead" an frenetisch abgefeiert wurden. "Ich bin sprachlos", kommentierte ein beleibter Peavy Wagner die Begeisterung der Rage-skandierenden Menge, die mittlerweile auf stattliche Ausmaße angewachsen war. Rage hatten auch das Glück, als erste bei einigermaßen erträglichen Temperaturen aufzutreten, denn mittlerweile hatte Petrus ein Einsehen und schickte die Sonne hinter den Horizont, so dass gegen Ende sogar erste Beleuchtungseffekte genutzt werden konnten. Die drei legten aber auch mit einer Verve los, dass es eine helle Freude war. Mit "No Fear" und "You're Going Down" ging der Reigen weiter, der nicht zuletzt durch einen gut gelaunten und bestens intonierenden Peavy bestimmt wurde. Aber auch Victor Smolski und ein ans Tier der Muppet-Show erinnernder Mike Terrana machten eine gute Figur. Mit "Soul Survivor" gab's die Deutschland-Live-Premiere eines Stücks vom letzten Album zu bestaunen, bevor man die 80er-Kiste griff und "Don't You Fear The Winter" herauskramte. Als besonderes Schmankerl brachten sie uns dann mit "No Regrets" den Mittelteil ihres letzten orchestralen Werkes - und im Gegensatz zu Manowar war hier klar, dass das Orchester aus der Büchse kam. Den Schlusspunkt setzte dann "Higher Than The Sky", das ausgiebig mitgesungen und beklatscht wurde. Der erste Gewinner des Tages stand fest: Rage.

Mit zunehmender Dunkelheit stieg nun die Erwartungshaltung der Angereisten, denn mit Soilwork stand der nächste Hochkaräter auf dem Programm. Die Schwedentruppe um Frontgrunzer Björn "Speed" Strid wurde denn auch mit massiven Zustimmungsbekundungen begrüßt: der ganze Set wurde bei bester Laune abgefeiert und bot wieder mal einen beeindruckenden Querschnitt von Death, Prog und Metalcore-Einflüssen, von "Rejection Role" bis hin zu "Nerve". Nachdem er mehrmals "au au" geschrieben hatte, konnte Björn die Menge prompt loben: "that's a pretty decent pit - keep that up". Caliban wird's geärgtert haben. Weiter ging's mit "Follow The Hollow" und "Distance", bevor Soilwork sich nach einem krachigen Gig zünftig hochleben ließen. Runde Sache.

Testament habe ich seit dem Monsters Of Rock 1988 ins Herz geschlossen, als sie kurzfristig für Megadeth einsprangen und den Schweinfurter Tanzboden derartig heimsuchten, dass kein Gras mehr wuchs. Die alten Recken, die seit einiger Zeit auf den Festivals ein Comeback feiern, hätten ja eigentlich schon letztes Jahr die Reihen des Earthshaker zieren sollen, mussten aber kurzfristig einen Rückzieher machen. Das machten sie in diesem Jahr mehr als gut - die Bay Area Legende um Chefindianer Chuck Billy zündete ihr Hitfeuerwerk mit einer Durchschlagskraft, dass die Backen wackelten. Die Instrumentalfraktion des klassischen Line-Ups mit Alex Skolnik (mit neckischer grauer Haarsträhne), Greg Christian und Eric Peterson, unterstützt vom Exodus-Drummer Paul Bostaph, droschen uns die Riffs wieder mit einer solchen Wucht, Kompaktheit und vor allem Präzision um die Ohren, dass eine helle Freude war. Spätestens bei "The New Order" war es, als ob Testament nie weg gewesen wären - kaum vorstellbar, dass Chuck Billy eine Krebserkrankung gemeistert hat. Wie gewohnt fuchtelte er mit einem abgehackten Mikroständer als Luftgitarre herum und donnerte uns auch gleich eine handfeste Überraschung entgegen: "We have a guest singer on this one - here's Björn from Soilwork. This is one of my favourites - for all you crazy fucks!" Und dann kam natürlich, wie könnte es anders sein, das wieder alles gnadenlos plattmachende "Into The Pit", bei dem die Mutter aller Deathgrunzer angesagt ist und von Björn bestens inszeniert wurde. Spätestens jetzt gabs bei den Crowdsurfern kein Halten mehr - wir crazy fucks waren allesamt aus dem Häuschen. Nach einer kurzen Verschnaufpause mit der Ballade "Legions Of The Dead" gings mit "Practice What You Preach" wieder zur Sache, bevor uns Chuck wieder ein Stück schlauer machte: "For our first video, we were allowed to film in Alcatraz". Aha - gemeint war natürlich "Over The Wall" vom Debüt The Legacy, was für Laune sorgte. Mit "Alone In The Dark" gab's ein weiteres Frühwerk zu bestaunen, bevor das geniale Thrash-Juwel "Disciples Of The Watch" kollektiv die Rüben abmontierte. Den jungen Lärmbeuteln haben Testament wieder mal gezeigt, wo der Thrash-Hammer hängt - und ich konnte mal wieder nostalgisch blöd grinsen. Einfach schön.

Und die Melodien für Melonen gingen fröhlich weiter: schon während der vorangegangenen Gigs hatte man den massiven Adler an der Bühnendecke bestaunen können, der die Veteranen von Saxon ankündigte. Auch Saxon haben sich in den letzten Jahren vor allem auf den Festivals eindrucksvoll zurückgemeldet und sind live stets ein Garant für eine einwandfreie Metaller-Sause. Saxon live, das ist wie Persil: da weiß man, was man hat - guten Abend. So auch heute: nach einem gelungenen Einstieg mit "Lionheart" und "Witchfinder General" bestritten Biff (wie immer im langen Mantel - der Narr!!) und seine Kumpane ein fast komplett aus Klassikern bestehendes Programm. Was soll man auch sagen, wenn Biff ständig fragt: "Would you like an old song or a new song?" Die old songs waren gefragt. "Do you want a slow song or a fast song?" Natürlich entschied man sich für fast, auch wenn Biff uns hier wiederholt mahnte: "You crazy bastards, it's been 40 degrees today! You need to relax!" Daran dachte allerdings keiner, sondern man freute sich an Hämmern der alten Schule wie "Heavy Metal Thunder", "Motorcycle Man", "20.000 Feet" oder "The Eagle Has Landed" - wobei hier natürlich die Landung eben jenes Igels aus Stahl und Glühbirnen zünftig in Szene gesetzt wurde. Absolut durfte auch der vielleicht größte Saxon-Hit nicht fehlen, den Biff vielsagend ankündigte: "Some people try to stop us from playing this one, but we won't. This one's called "Crusader"!". Eine klare Anspielung darauf, dass die Jungs im Nahen Osten nicht auftreten durften, weil man den Text hier als Affront auffasst. Mit "Solid Ball Of Rock" und "Dogs Of War" waren auch die besten lockeren Rocker der neueren Phase am Start, bevor ein mächtiges "Denim And Leather" auch die letzte Schlafmütze zum Mitmischen animierte. Für September kündige Biff eine neue DVD an, die auf den Namen "To Hell And Back Again" hören soll, was standesgemäß mit eben diesem Song gefeiert werden musste. Ein wunderbares "Princess Of The Night" schloss den regulären Set, aber ohne das obligatorische "Wheels Of Steel" konnte man sie natürlich nicht gehen lassen. Danach war allerdings Schluss - wieder mal eine extrem gut gelaunte Vorstellung der Briten, die von Jahr zu Jahr besser werden und live deutlich besser als auf Studioalbum rüberkommen.

Im bunten Strauß der Überraschungen ging's nun fröhlich weiter, als ein paar Gestalten die Bühne enterten, die sich bei näherem Hinsehen als Blind Guardian herausstellten. Was war das, ein Spontangig oder was? Fronter Hansi Kürsch kündigte tatsächlich an, dass man den Angereisten nun drei Stücke aus dem noch nicht veröffentlichten Neuwerk vorspielen würde - großes Hallo in der Menge. Aber leider war das ein kleines Missverständnis: anstelle eines Spontangigs, der runtergegangen wäre wie das sprichtwörtliche Öl, servierten sie uns leider nur Musik aus der Konserve. Dazu ist zu sagen - klassisches Guardian-Material, das den Freunden der Kombo gefallen dürfte.

Mit gehöriger Verspätung von mehr als einer Stunde stürmten dann schließlich die Hauptakteure des Abends auf die Bretter: Hammerfall absolvierten auf dem Earthshaker ihren einzigen Festival-Auftritt in Deutschland 2006. "You couldn't keep us off the stage", grinste ein gut gelaunter Joacim Cans zum Einstieg. Gesegnet mit den ganzen Dimension der riesigen Bühne, die für sie erstmal komplett zur Verfügung stand, konnten die Verfechter des einzig wahren Metal die Streitaxt unbeschwert kreisen lassen. Ausgerüstet mit der üblichen massiven Light- und Pyro-Show, und wie üblich in bunte Fantasieklamotten gekleidet, hämmerten (ok einmal darf man das, fünf Magg in die Kalauerkasse) Oscar Dronjak, Stefan Elmgren, Magnus Rosen und Anders Johansson eine Salve nach der anderen in die Menge, die zunehmend aus dem Häuschen geriet. Der bunte Strauß der Melodien stammte aus jeder Schaffensphase, wobei vor allem "Riders Of The Storm" und natürlich "Let The Hammer Fall" für Furore sorgten. Für den Oktober kündigte Fronter Joacim übrigens flugs ein neues Album der Hämmerer an, bevor mit "Hammer Of Justice" noch eine Nummer des noch aktuellen Drehers Chapter V - Unbent, Unbowed, Unbroken folgte. So holzten sich die Mannen mit "Blood Bound", "Hammerfall" und natürlich "Glory To The Brave" fröhlich weiter durchs Gebüsch und lieferten insgesamt eine Leistung, die mit einem im wahrsten Sinn des Wortes feurigen Pyro-Rausch den ersten Tag des Erdenschüttelns gebührend krönte.

Fazit also so weit ich das beurteilen kann: wenn man nächstes Jahr noch ein wenig am Billing arbeitet und sich noch stärker auf die freunde traditioneller Töne konzentriert, hat das Earthshaker gute Chancen sich als das Festival im Süden zu etablieren. Hoffen wir's mal, denn nach Balingen ist der Weg halt gar so weit...

Holgi

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