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Interview mit Bethlehem (02.12.2004)

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Bethlehem sind wegweisend, wenn es darum geht, musikalische Grenzen niederzureißen und der Kreativität freien Lauf zu lassen. Dabei liegt klar auf der Hand, dass die Band um Jürgen Bartsch dadurch natürlich polarisiert und Metaller in die zwei Lager der Bethlehem-Hasser und -Liebhaber spaltet wie kaum eine zweite Kapelle. Mit ihrem neuen Album Mein Weg gehen Bethlehem auch 2004 unbeirrt ihren Weg und arbeiten damit weiter an der Spaltung der Szene.

HH: Hi, Jürgen. Erste Frage ganz generell: Was hältst du von München?

Jürgen: In meiner Lehrzeit war ich einst auf der Handwerksmesse in München und habe sehr gute Erinnerungen an diese Zeit. Gleich gegenüber von meinem Stand war ein Stand des ADAC, an welchem sehr gut aussehende Münchener Miezen Kunden locken sollten. Mit denen bin ich abends immer durch die Münchener Kneipen und Restaurants gezogen, das war supergeil. Seither bin ich zwar nicht mehr in München gewesen, verbinde diese Stadt aber immer noch mit meinen früheren Erlebnissen. Und die waren, wie gesagt, einfach nur geil.

HH: Die Frage wurde vermutlich schon tausend mal gestellt: wie kommst du auf diese ganzen bizarren Texte?

Jürgen: "Bizarr" hin oder her, aber natürlich machen meine Texte Sinn für mich, schließlich bin ich es, der sich in den Texten widerspiegelt. Inspiration benötige ich dafür überhaupt nicht. Um mir das Geschehene, meine Visionen, mein Erlebtes begreiflich machen zu können, greife ich gerne auf metaphorische Bildergeschichten zurück, die in einer Art "Film" vor mir ablaufen, während ich diese, meine Gedanken zu Papier bringe. Nur so ist es mir möglich, mich nicht in diesem mitunter immensen Ansturm meiner facettenartigen Gedanken zu verlieren. Um eine solche Bilderflut zu Papier bringen zu wollen, müßte mann schon Data's Hände besitzen. Es ist ein wenig wie Mathematik; ich abstrahiere diverse Kapitel meines Lebens in einfache Sätze, welche in der Summe wiederum die Kapitel ergeben und umgekehrt. Sicherlich mag eine solche Herangehensweise für viele ein Mysterium darstellen, dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass vieles von dem schriftlich Dargebotenen eine gewisse Allgemeingültigkeit besitzt und durchaus interpretierbar ist. In einer solchen Art und Weise, dass sich viele andere Menschen darin wiederfinden können (und bereits konnten) und sich ihren Anteil daran zu Nutze machen. Diese Anteile sind unterschiedlichster Natur, zum einen gereichen sie dem Suizid-Gefährdeten, zum anderen den Lebensgierigen. Diesbezügliche Danksagungen tendierten bereits vom tiefschwarzen Blues bis weit hinauf ins gleißende Licht. Allerdings muss man diese Auseinandersetzung auch wollen und sich intensiv mit diesen Texten beschäftigen, einfach mach ich's den Leuten echt nicht. Man muss schon ein wenig Bereitschaft zum eigenen Denken besitzen, für gedankliche Grobmotoriker ist das überhaupt nichts und die sollten lieber auf alte Sodom-Texte zurückgreifen und Bethlehem auch weiterhin als Schwachsinn abtun.

HH: Wieviel Zeit wurde eigentlich in Mein Weg gesteckt, bis die Songs so standen, wie sie jetzt zu hören sind? Gab's da auch Momente, wo du in einer kreative Sackgasse gelandet bist oder sprudelte alles nur so aus dir heraus?

Jürgen: Ich hatte gegen Anfang bis Mitte 2003 in der Tat ein kreatives Loch, doch gegen Ende des Jahres ging dann mal wieder alles wie von selbst. Der eigentliche Songwriting-Prozess geht immer recht zügig von statten. Z.B. "Schatten aus der Alexander Welt" ist in recht kurzer Zeit entstanden, wir haben gerade mal fünf, sechs Proben dafür gebraucht. Wir schreiben unsere Basisideen immer recht hurtig fertig, aber "Alexanderwelt" ging auch für unsere Verhältnisse megaflott über die Bühne. Ich schmeiße dann zumeist immer ein paar Basslicks in die Runde, wir probieren ein bisschen rum und fertig ist. Großartige Überlegungen oder Konzeptionen haben bei unserem Songwriting noch niemals eine Rolle gespielt, wir spielen einfach drauflos und heraus kommt Musik direkt aus dem Herz und der Seele. Wir sind eine absolut spontane Band, definitiv keine Frickler oder so. Wir finden, dass spontane Musik immer noch am erfrischendsten klingt und auch viel ehrlicher dargeboten wird, als konstruierte Reißbrettsongs, die sich so oft an der oder der Band, Stilrichtung, Mode, was auch immer orientieren. "Mein Weg" ist letztlich auch in nur zwölf Proben entstanden und unterlag mal wieder unserer absoluten Spielfreude, dem Spaß an der eigenen Sache. Wir lieben halt unsere Musik, machen einfach das was wir wollen und zerbrechen uns nicht wochenlang den Kopf darüber, ob dies oder jenes gut bei den Leuten ankommt oder nicht. Bethlehem steht sich selbst ehrlich gegenüber und dabei wird's auch bleiben. Selbst im Studio produziere ich nicht wochenlang an den Songs und Sounds herum, sondern bringe vielmehr meine Spontaneität und Erfahrung zum Einsatz, meine wichtigste Waffe im Kampf gegen eingeschlafene Füße.

HH: Um Konventionen und stilistische Grenzen hast du dich in deiner Karriere immer einen Scheißdreck geschert, wenn ich das mal so direkt sagen darf, was nicht zuletzt in deinen Texten und der musikalischen Vielfalt der Alben zum Ausdruck kommt. Trotzdem hat sich Bethlehem einen Namen gemacht, zumindest gehört haben schon viele Leute von euch: "Ach das sind doch die mit den kranken Texten und der abgedrehten Musik!" bekommt man dann meist zu hören. Wie wichtig ist Erfolg für dich, dass Leute dich und deine Arbeit kennen?

Jürgen: Ein schwieriges Thema und momentan recht aktuell in unseren Reihen. Eigentlich sollten wir uns über die "Mein Weg" Rezensionen überhaupt nicht beschweren, denn entgegen unserer eigentlich recht starken Polarisation bzgl. unserer Alben im allgemeinen, liegt das Hauptgewicht diesmal bei "Himmelhochjauchzend-in-den-siebten-Himmel-lobend". Noch niemals zuvor haben wir derart positive Reaktion auf eines unserer Alben bekommen, es ist schon nahezu beängstigend. Auch wenn dir manche von diesen Liebeserklärungen runtergehn wie Öl. Doch Bethlehem wäre nicht Bethlehem, wenns nicht auch vereinzelt noch ein paar von diesen oberflächlichen Rezensionen gäbe, die dir einfach solche oberdämlichen, hochnotpeinlichen und völlig unpassenden Vergleiche ala Rammstein, Toten Hosen, Die Ärzte etc. vor den Latz knallen und klar durchblicken lassen, dass sie sich aber auch Null mit deiner Mucke beschäftigt haben. Und somit lieber ihre peinlichen Vorlieben für Pop-Musik zum Ausdruck bringen, 'türlich immer unter dem Deckmäntelchen des "Defender of Metal" oder ähnlichem Bullshit. Letzlich sehen wir die ganze Sache so: Ob man sich nun über Rezensionen freut oder ärgert, entscheidend ist nach wie vor, dass man das, was man sich auf die eigene Fahne geschrieben hat, selbst noch am allermeisten vertreten kann und bereit ist, dafür auch jederzeit einzustehen. Das ist das Einzige, was nach wie von Bedeutung ist. Alles andere ist blanke Makulatur und vom Prinzip auch überhaupt nicht der Rede wert. Sollen sie doch alle reden oder schreiben was sie wollen. Schließlich wäre es ja noch schöner, etwa negative Rezensionen zum Anlass für Richtungsänderungen zu nehmen. Das käme dann diesen ganzen Widerkäuern, welche die heutige Metalszene ausmachen, gleich. Und wäre somit Hochverrat an der eigenen Sache. Bethlehem ist und bleibt Bethlehem; liebt uns oder hasst uns, dadurch wird sich nichts für uns ändern.

HH: Den Abschluss von Mein Weg bildet passender Weise das Frank Sinatra Cover "My Way", das allerdings erst nach diversen Schweigeminuten aus den Boxen kommt. Musste das ausgerechnet als Hidden Track auf die CD? Soll der geneigte Hörer das Lied nicht zu Ohren bekommen oder warum diese ganze Leerlaufzeit?

Jürgen: Auch hier ist alles wieder viel, viel unkomplizierter! Solche Überlegungen, wie von dir genannt, stellen wir überhaupt gar nicht erst an. Es gibt überhaupt erst gar kein "Warum", "Wieso" oder "Weshalb". Es war meine Idee mit dem Hidden-Track, der spontan im Studio umgesetzt wurde. Und das war's auch schon. Mittlerweile ist der "Hidden Track" sowieso keiner mehr, da schon jeder darüber geschrieben hat. Pech gehabt. Ich habe mir sowieso schon längst meine eigene CD gebrannt. Für alle anderen, die sich von der "Pause" angepisst fühlen: Dann schaltet halt ab, ihr Hirnis. Interessiert mich ehrlich gesagt 'nen feuchten Dreck. Zum Thema "Hidden Track" im allgemeinen kann ich nur sagen, ja, ich hatte Lust auf einen. Und zwar auf diesen. Ob das Leute mögen oder nicht ist definitiv nicht meine Sache. In meinem Vertrag steht nichts davon, daß ich Leuten auch noch den Arsch abwischen muß. Dafür werde ich nicht bezahlt.

HH: Ich habe gelesen, dass du auf dem nächsten Album Nu-Metal in den Sound mit einfließen lassen willst. Hast du schon Ahnung, wie sich das dann anhören würde? Hast du schon Material, wo du das ausprobiert hast?

Jürgen: Ja, bei "Knochenkorn", "Einsargen" und "Maschinensatan" auf "Mein Weg". Klingt erste Sahne, was auch sonst? Ich setze logischerweise nur die Sachen um, von denen ich einhundertprozentig überzeugt bin, andernfalls müsste ich mir diesen Mumpitz ja auch gar nicht erst antun und würde mir eine andere Beschäftigung suchen.

HH: Wenn ich mich nicht irre sind Behtlehem jetzt seid 13 Jahren unterwegs. Hättest du dir damals, als die Band ins Leben gerufen wurde, träumen lassen, dass ihr anno 2004 immer noch Alben veröffentlichen würdet? Oder war das damals mehr aus Spaß an der Sache mit dem Ziel, einfach mal zu schauen, wie weit man kommt?

Jürgen: Ja! 1991 hätte ich mir niemals träumen lassen, überhaupt so weit zu kommen bzw.überhaupt mal CDs zu veröffentlichen. An dieser Stelle einen riesengroßen Dank an alle Fans, die das überhaupt erst ermöglicht haben. Vielen, vielen Dank.

HH: Du magst Strapping Young Lad und Devin Townsend. SYL bringen demnächst ihre Live-DVD For Those Aboot To Rock auf den Markt. Wirst du dir die auch zulegen?

Jürgen: Ich denke schon. Habe bereits mehrere Live-Videos und kann nicht genug von Devin & SYL bekommen. Her damit !

HH: Was denkst du allgemein über Live-CDs bzw. Live-DVDs? Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll, einerseits ist es eine ganz gute Möglichkeit, sich einen Überblick über eine Band zu verschaffen, mit der man sich bisher nicht so recht beschäftigt hat, ohne gleich den ganzen Backkatalog kaufen zu müssen, andererseits bin ich der Meinung, dass eine DVD nie die ganzen Emotionen und Stimmungen eines Konzertes einfangen und transportieren kann. Deswegen tendiere ich eher dazu, solche CDs bzw. DVDs links liegen zu lassen und mich auf Studioalben zu konzentrieren.

Jürgen: Manchmal ist es aber einfach nur genial, sich Live-Geschichten anzuschauen. Am besten sind Sachen wie alte Klospülungs-Videos von Beherit oder Impaled Nazarene, wo Mikka in seiner Bühnen-Blut-Panscherei ausrutscht und sich voll auf die Fresse legt. Hach herrlich, was haben wir schon gelacht. Auch geil ist Celtic Frost's "Live at the Hammersmith Odeon 3.3.1989", immer wieder schön anzusehen, wie scheiße die Deppen Live aussahen und wie scheiße Tom Warrior seine eidgenössiche Hagerfresse verzieht. Einfach nur geil. Manchmal gefallen mir Songs Live aber auch besser als auf CD. Zum Beispiel Nuclear Assault's "Critical Mass" auf dem Video zur "Handle with Care European Tour 1989" ist einfach nur Gott!!! Ich habe aber auch schon jede Menge DVDs von Bands ala Dimmu Borgir, Hypochrisy u.v.m. gesehen... ach du Scheiße, ist das schlecht gemacht und einfach nur saulangweilig. Ist halt nicht alles Gold was glänzt, aber prinzipiell mag ich Live-DVDs oder Videos, wenn's nicht gerade dieser Plastik-Einheitsdreck ohne Sinn und Verstand ist.

HH: Dich interessiert auch der Produzentenjob, kannst du dir vorstellen Bethlehem für so einen Job auf Eis zu legen, oder steht das außer Frage?

Jürgen: Wenn's bezahlt wird, leg' ich alles auf Eis. Schließlich dauert sowas ja keine Monate.

HH: Welche Bands würdest du gerne produzieren, oder ist das egal, Hauptsache die Mucke stimmt?

Jürgen: Ich würde gerne so "Dünnsound-Bands" ala z.B. Destruction, oder Motörhead produzieren. Gerade Destruction klingen immer so dünn wie der Suppenkasper im Endstadium, eigentlich peinlich für so 'ne gestandene Band. Ich würde all diesen "Mitten-Metalbands" mal gerne ein bisschen mehr Leben einhauchen.

HH: Gibt's produktionstechnisch eine spezielle Musikrichtung, wo du sagst, das kommt mir nicht in's Haus, damit will ich nichts zu tun haben?

Jürgen: Musik bedeutet absolute Freiheit für mich und so würde ich das auch immer handhaben. Außerdem bin ich ein sehr neugieriger Mensch und probiere gerne Sachen aus. bzw. lasse mich von den unterschiedlichsten Musikrichtungen inspirieren; es gibt so verdammt viele, dass ein Leben wohl vorne und hinten nicht reicht, um das alles mal so richtig anzuchecken.

HH: Live gibt's euch in nächster Zeit nicht zu bewundern, darf sich der Fan trotzdem Hoffnung machen, dass Bethlehem wieder auf die Bretter steigen?

Jürgen: Da sind wir uns ziemlich sicher und auch einig. Denn nach Trennung diverser Altlasten, die uns immer weiter zurückgeworfen haben, steht Live-Zocken wieder ganz oben auf der Planung. Nur müssen wir jetzt erstmal nach 'nem neuen Sänger suchen und das kann halt dauern.

HH: Gibt's dann auch den Rollstuhl zu sehen? ;-)

Jürgen: Auf jeden Fall. Der ist so scheißenbequem, Silikonkissen sei Dank.

HH: Danke für die Antworten und die Zeit, die du investiert hast. Willst du zum Abschluß noch was loswerden?

Jürgen: Heh Tobias, ich höre gerade eure Mucke. Will nicht sagen, daß mich Membaris völlig vom Hocker reißt, aber die Atmosphäre stimmt hunderprozentig und manche Parts finde ich einfach nur noch geil. Ey Stevo, wat is dat denn?! Imperia ist die Arschbombe des Monats im Rock Hard geworden! Hahahaha, aber bedenke: "der Teufel haben Söhne" waren einst auch die Arschbombe und jeder Seppel hat sie sich daraufhin gekauft und später ist sie auch noch nachgepresst worden. Also lass' die Dortmunder Deppen doch schreiben, was sie wollen, Bruder. An alle Bethlehem Fans und Leser dieser Zeilen: Brennt die ganzen Musik-Verlagshäuser nieder! Sie versklaven euch ALLE!!

Lord Obirah

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