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Interview

English VersionInterview mit The Forsaken (13.10.2012)

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Nun denn, liebe Leserschaft: The Forsaken sind zurück mit einem der besten Alben des Jahres Beyond Redemption. Schon immer war diese Band außergewöhnlich und hob sich vom Rest der skandinavischen Szene wohltuend ab. Noch außergewöhnlicher ist allerdings das Interview, das wir mit Mastermind und Gitarrist Patrik Persson führen konnten. Selten ist mir solch ein aufgeschlossener und dabei in allen Bereichen interessierter und eloquenter Gesprächspartner unter gekommen. Seine Antworten dürften vielen von uns eins zu eins aus der Seele sprechen. Sei es, wenn es um die Metal-Szene als solche geht, die unstabile politische Lage in so gut wie allen Winkeln dieser Welt oder Musik als Musik, die nicht nur für ihn alles bedeutet. Meine dringliche Bitte: lest dieses Interview! Ihr werdet es in keinem Fall bereuen!

HH: Ein lautes "HeyHo" vom Heavyhardes aus Deutschland an die Adresse der allmächtigen The Forsaken und allem voran, Gratulation zu eurer neuen Veröffentlichung Beyond Redemption. Von einem persönlichen Standpunkt aus ist die Platte genau das geworden, was ich mir erwünscht hatte.

Patrik: Yo! Vielen Dank für die freundlichen Worte! Wir sind sehr damit zufrieden, wie sich die Platte letztlich darstellt und wie sie von der allmächtigen Presse aufgenommen wurde!

HH: Es ist eine ganze Weile her, oder? Kann ich sagen, schön, euch "zurück" zu haben, da ihr, wie mir scheint, nie wirklich weg vom Fenster wart, doch die Zeitspanne zwischen Traces Of The Past (2003) bzw. sogar dem Demo von 2006 und der neuen Scheibe war doch recht lang. Da fragt man sich, warum?

Patrik: Ich würde nicht sagen "zurück", aber vielleicht, schön, uns aus unserem verstaubten Loch kriechen zu sehen, um wieder zurück auf die Szene zu gelangen. Nun, warum die lange Warterei? Nach Traces Of The Past waren wir ziemlich fertig. Wir hatten drei Alben innerhalb weniger Jahre heraus gebracht und zurück blickend wussten wir einfach nicht mehr genau, wie wir uns anhören wollten bzw. unsere Musik. Jede Band empfindet eine bestimmte Notwendigkeit, sich zu entwickeln, wenn auch nur stets ein kleines Stückchen, und zu dieser Zeit machte für uns keine Richtung wirklich Sinn. Wir wussten schlicht nie, wie der nächste Schritt aussehen sollte. Außerdem zog ich selbst in eine andere Stadt, um zu studieren und so konnten wir nicht mehr proben wie zuvor. Da wir unser Material immer gemeinsam im Proberaum geschrieben hatten, konnten wir Musik nicht mehr auf dem gleichen Weg erschaffen.
2005 erklärten uns Century Media recht deutlich, dass sie keine Alben von uns mehr auf den Markt bringen würden und ohne die Dringlichkeit, sich an bevorstehende Deadlines zu halten, verlangsamte sich das Songwriting, sagen wir vom Laufschritt zu einem Dahinkriechen. Wir hatten zwar einiges an Material fertig, waren jedoch der Meinung, dass es im Vergleich zu den älteren Sachen nicht gut genug war. 2005 nahmen wir zwar ein Drei-Track-Demo auf, welches jedoch nie veröffentlicht wurde. Jenes Demo, das du erwähntest, war nie dazu bestimmt gewesen, überhaupt heraus gebracht zu werden, es enthielt jedoch Material, das es auf Beyond Redemption geschafft hat. Der Song "As We Burn" wurde damals aufgenommen. Das Ganze war ein gewisser Wendepunkt für die Band und obwohl wir immer noch langsame Songwriter waren, hörte sich das Material deutlich stärker an als eine lange Zeit davor. Ab diesem Punkt begannen wir wieder Stücke zu schreiben, die unseren Standards gereichten und die es letztendlich aufs Album geschafft haben.

HH: Ihr habt auch eure Plattenfirma gewechselt und seid von Century Media zu Massacre. Gab es spezielle Gründe für diesen Schritt? Und darüber hinaus: wie machen sich die Unterschiede bemerkbar, nun mit den Leuten von Massacre zu arbeiten?

Patrik: Massacre ist eine gute und sehr professionelle Plattenfirma, wenn auch natürlich kleiner als Century Media. Die Unterschiede machen sich bemerkbar in kleineren Budgets und einer weniger ausgedehnten Distribution. Doch wir wussten vorher, dass wir, da wir so lange weg waren, die Leiter ein paar Sprossen herunter gefallen waren.
Bis dato haben Massacre allerdings einen guten Job gemacht und wir haben keinerlei Anlass, uns zu beschweren.

HH: Dankenswerterweise gab es bei The Forsaken zwischen 2003 und 2012 wenig Wechsel im Line-Up, allerdings wurde Stefan Holm an der Rhythmus-Gitarre durch Calle Fäldt ersetzt. Warum hat sich Holm also verabschiedet und wie hat sich Fäldt bis jetzt eingefügt?

Patrik: Yeah, im Vergleich zu anderen Bands hatten wir ein recht stabiles Line-Up. Neben Bandkollegen sind wir alle gute Freunde, die einen großen Teil unserer Freizeit gemeinsam verbringen. Ein stabiles Line-Up für solch eine lange Zeit zu haben und dann eines der Gründungsmitglieder zu verlieren, war allerdings ein echter Tiefschlag.
Stefan hat die Band hauptsächlich aus persönlichen Gründen verlassen. Er hatte genug davon, dass sich die Band in keine Richtung weiter entwickelte, und beschloss, sich auf seinen Job und seine Familie zu konzentrieren. Obwohl wir sehr traurig darüber waren, dass er ging, respektierten wir seine Entscheidung.
Die Ironie bei der Sache war, dass uns der Schock über seinen Ausstieg von einem Moment auf den anderen zurück in einen kreativen Zustand versetzte. Wir hatten zu dieser Zeit wirklich gutes Material geschrieben und wollten nicht, dass es im Müll landet, und so begannen wir uns zusammen zu reißen, was letztendlich in Beyond Redemption seinen Höhepunkt fand.
Calle arbeitet mit uns wie ein Talisman zusammen. Er ist ein verdammt guter Gitarrist und bringt eine Menge Erfahrung mit aus den Jahren, als er bei Deranged spielte bzw. tourte. Außerdem haben er und Anders zusammen in einer Band mit dem Namen Feared Creation zusammen gespielt und so wussten wir, dass er musikalisch einiges drauf hat. Auch als Persönlichkeit hat er sich gut eingefügt. Nicke kannte ihn recht gut von einem Treffen auf dem Swedenrock vor einigen Jahren und so war er unsere erste und auch einzige Wahl, was wir nicht bereut haben.

HH: Wie ich schon in meinem Review zu Beyond Redmption geschrieben habe, habe ich The Forsaken immer als einen sehr eigenständigen Act innerhalb der skandinavischen Szene gesehen, und die neue Platte gibt mir da meines Erachtens recht. Ihr habt es stets geschafft, eure Songs an jener Schnittstelle zu platzieren, wo sich Black-, Thrash- und Death Metal treffen, was eure Musik so besonders und aufregend macht. Wie lang habt ihr damals gebraucht, um euren eigenen Stil zu finden und wo würdet ihr eure Art von Musik inmitten der Metal-Landschaft ansiedeln?

Patrik: Wirklich lange haben wir nicht gebraucht. Unser allererstes Demo von 1998 beinhaltete schon all diese Einflüsse, aber zu dieser Zeit gelang es uns nicht, alles so zusammen zu fügen, wie wir uns das vorstellten. Die Songs unterschieden sich zu sehr untereinander. Einer war purer Göteborg-Metal, der nächste hörte sich nach Death an und ein anderer ziemlich thrashy. Für mich wurde die Band erst richtig mit unserem Reaper-Promo 1999 geboren. Zu dieser Zeit fügte sich alles zusammen und wir fingen an, so zu klingen wie heute. Natürlich haben wir uns aber auch ein wenig weiter entwickelt seit damals. Wir haben uns der meisten unserer Göteborg-Einflüsse entledigt und unser Songwriting geschärft, aber seit dieser Zeit war die Hauptrichtung für die Band schon weithin deutlich.

HH: Momentan gefallen mir von der neuen Scheibe speziell "No Dawn Awaits", "Only Hell Remains" und "There Is No God". Kannst du uns die Geschichten hinter diesen Songs verraten? Und: gibt es eine bestimmte Verbindung zwischen diesen Stücken? Wer schreibt bei euch eigentlich die Lyrics?

Patrik: "No Dawn Awaits" ist ein Stück, das eine ganze Weile gebraucht hat, um fertig zu werden. Wir hatten das Intro-Riff, worüber wir uns einig waren, dass es ziemlich cool rüber kam, aber wir kamen damit nicht so richtig weiter und es gelang uns nicht, das Riff in einen ganzen Song einzubauen. Eine lange Zeit sah es danach aus, als ob es als sowas endet, das es nie in einen fertigen Song schafft, aber in letzter Minute begannen sich die Dinge dann doch zu entwickeln, und heute denke ich, dass dies mein Lieblingsstück auf der Platte ist.
"Only Hell Remains" ist einer der älteren Songs auf dem Album, was soviel heißt, dass er bereits fertig war und als Demo-Recording vorlag, als wir 2011 bei Massacre unterschrieben. Das Main-Riff der Strophe hat Stefan Holm vor langer Zeit komponiert, wahrscheinlich 2005 oder so ähnlich, zu dieser Zeit dachten wir jedoch, dass es zu sehr im Midtempo-Bereich für uns lag. Vor einigen Jahren erinnerten wir uns an das Riff und diesmal entwickelten sich die Dinge deutlich schneller und nach ein paar Versuchen hatten wir schon das Endergebnis.
"There Is No God" ist einer jener Songs, die recht schnell geschrieben wurden. Nicke und ich jammten an einem Tag ein wenig und hatten zumindest eine Rohfassung des Songs innerhalb einer Stunde fertig. Es hat eine recht simple Songstruktur und beinhaltet nur sehr wenige Riffs, aber es funktioniert.
Ich würde nicht sagen, dass diese Songs mehr miteinander in Verbindung stehen als all die anderen Stücke auf der Scheibe. Wir greifen immer auf alte Riffs zurück und finden dafür einen Platz innerhalb unserer Musik, in gewisser Weise so, als würde man eine Müllhalde plündern und etwas Nützliches dabei finden. Wir haben sicher hundert von Riffs, die da noch herum liegen, die meisten davon höchstens Durchschnitt, aber eventuell sind auch einige Diamanten darunter.
Ich habe die Lyrics für dieses Album geschrieben, Nicke und Anders für alle früheren Scheiben. Ich habe angefangen, ein paar Lyrics zu schreiben - wohl 2005. Ich glaube wir waren dabei, ein Demo aufzunehmen und weder Anders noch Nicke hatten die Zeit dafür, und so versuchte ich mich daran. Der erste Song, für den ich die Lyrics geschrieben habe, war "As We Burn" auf diesem Demo. Wenn ich einen Song schreibe und die Struktur entwickle, höre ich normalerweise schon, wie die Vocals letztlich klingen sollen. Ihr Rhythmus bzw. ihr Overall-Feeling ist etwas, das sich meistens wie von selbst ergibt, und so kann ich schon sehr früh im Songwriting-Prozess ein paar Nonsense-Lyrics über das Stück grunzen, um zu hören, wie es klingt. Danach schreibe ich die Lyrics, sodass sie zum Rhythmus des Demos passen. Ich bin dabei recht rücksichtslos, damit sie zum Song passen. Manchmal schreibe ich einen Vers, der sich auf dem Papier gut liest, aber nicht in den Rhythmus, den ich mir vorstelle, passt. In 100 von 100 Fällen wird etwas zusammen gekürzt oder durch etwas anderes ersetzt, das singbarer ist. Ich würde mich immer für einen guten Song mit Scheiß-Lyrics als für einen Scheiß-Song mit guten Lyrics entscheiden.

HH: Viele der neuen Songs befassen sich, soweit ich sehen kann, mit dem Thema Religion in einem größeren Rahmen, oder besser Glauben/Glaubensrichtungen der Menschen. Liege ich richtig? Von daher: würdest du Glauben an sich als etwas Positives oder Negatives einstufen? Eine Projektion? Etwas, das sich die Menschen ausgedacht haben, um sich vor den dringlicheren Problemen zu drücken?

Patrik: Im Grunde genommen sind wir immer noch quasi Säugetiere, die nach bestimmten Verhaltensmustern suchen, viele von uns bevorzugen dabei eine schlechte Antwort gegenüber keiner Antwort. Das bewahrheitet sich insbesondere, wenn es um die "Großen Fragen" geht, wie nach unserer Herkunft, woher das Universum stammt, und der Frage, was nach unserem Tod geschieht. All diese losen Enden werden letztendlich in einem hübschen Knoten mit dem Namen "Gott" verknüpft. Nur wenige Leute fragen dabei überhaupt nach der Herkunft von Gott selbst...
Ich denke, dass der Samen aller Religion gepflanzt wurde, als wir uns die ersten paar unbeantwortbaren Fragen zu stellen begannen: "Warum geht die Sonne auf? Also, wenn sich etwas bewegt, muss da einer sein, der das bewegt, es könnte ein gigantischer Bär sein, der die Sonne über den Himmel schubst. Geheiligt sei der allmächtige Himmels-Bär!".
Alles soweit in Ordnung, prima, bis dahin, wenn einige Leute behaupten, zu wissen, was der Bär will, oder sogar bestimmte "Vergünstigungen" für ihr scheinbares Wissen einfordern. Manch einer wird sogar behaupten, dass der Bär inklusive der Sonne nicht zurück kehren wird, bevor nicht irgendwelche Gefälligkeiten gewährt werden; an diesem Punkt wird Religion unweigerlich zu einem mächtigen politischen Werkzeug.
Mich stört der persönliche Glauben Einzelner keineswegs, ich habe viele Freunde, die an die eine oder andere irrationale Religion glauben. Ich habe jedoch ein Problem damit, wenn der Glauben die persönliche Sphäre überschreitet und Leute mit hinein gezogen werden, die damit eigentlich nichts zu tun haben wollen. Die meisten Lyrics handeln von jenem schleimigen Graubereich, in dem sich Religion und Politik treffen. Da Schweden zum Großteil frei von solchen Dingen ist, habe ich mich oft mit der politischen Arena in den Staaten befasst und jenem bizarren Zirkus mit dem Namen "Republican Primary Election". Die Scheinheiligkeit ist schier atemberaubend!! Hier haben wir echte, gute Christen (und einen Mormonen), die im Eigentlichen Multi-Millionäre sind, und den unteren Schichten bzw. der Mittelschicht erzählen, dass das Gesundheitssystem schlecht ist. "The fuckin' nerve these people have! Pisses me off!"

HH: Die Welt ist momentan in keinem guten Zustand, ich denke du stimmst in diesem Punkt mit mir überein. Die Krise in Europa, zuerst der Konflikt in Libyen und nun der Horror in Syrien. In Bahrain werden täglich Leute ermordet. Was wird dabei herauskommen und wo endet das? Persönlich mache ich mir mehr Sorgen denn je.

Patrik: Ich stimme mit dir überein. Ich denke, dass manche Regime nicht ohne den Einsatz von Gewalt ersetzt werden können. Ein totalitäres Regime wird stets alles dafür tun, um seine Macht zu erhalten, sich dabei sogar gegen das eigene Volk wenden. Ich denke, dass der Arabische Frühling ein Zeichen großer Eigenkraft der Bürger jener Länder ist, was mir Hoffnung für die Zukunft gibt. Dennoch bin ich unglaublich enttäuscht über die fehlende Unterstützung der westlichen Demokratien, die abwarten, ihre Stimme zu erheben, bis sie wissen, wer am Ende gewinnt.
Wir können eine Menge von Tunesien, Libyen, Syrien, Ägypten und all den anderen arabischen Ländern lernen, wo es zu Aufständen kam. Die in der Mehrheit liegende Kraft tritt hier deutlich zu Tage. Nicht die Regierung hat die Kontrolle über ein Land, sondern seine Bürger. Wenn sich genügend finden, gegen etwas zu protestieren, haben "die Mächtigen" keine andere Chance, als sich dem zu beugen. Die "Occupy-Bewegung" in den Staaten kommt mir in den Sinn als eine westliche Form des Widerstands. Wir haben selbst unzählige Dinge, über die wir angepisst sein sollten. Das Problem ist, dass wir ein bestimmtes Level an Komfort erreicht haben und den Arsch nicht hoch bekommen, uns an etwas zu beteiligen.

HH: Wie stellt sich für dich das Medium Musik dar? Als ein Transportmittel? Eine einzigartige Form für den Einzelnen, sich mit sich selbst und seiner Umwelt auseinander zu setzen? Als ein politisches Instrument? Oder nur als etwas, einen Raum, in dem jeder zur Ruhe kommen kann?

Patrik: Musik ist all das, was du erwähnt hast und mehr. Es gibt so viele Wege Musik zu erleben, wie es Menschen auf der Welt gibt. Für mich ist Musik essentiell für meine ganze Existenz, sie beherrscht immer meine Gedanken auf dem einen oder anderen Weg. Wenn ich einen Song im Radio höre, zerlege ich ihn sogleich in meinem Kopf, unterteile ihn in die verschiedenen Instrumente, analysiere die Arrangements und höre den Chorus bzw. die Melodien heraus. Sie nimmt in meinem Fall solch einen hohen Stellenwert ein, für alles, was ich tue, sodass ich nie ohne sie sein könnte, selbst wenn ich es so wollte. Für mich ist sie Selbsterfüllung in ihrer reinsten Form.
Natürlich ist sie ebenfalls ein mächtiges Gefäß für jede Art von Message. Worte verbunden mit Melodie schafft Energie, weit hinaus reichend über bloße Buchstaben auf einem Blatt Papier. Musik ist etwas, an dem sich die Leute beteiligen können, um sich einfach stärker zu fühlen bzw. als eine zusammengehörige Gruppe. Musik inspiriert Aktion, wie es bloße Buchstaben nicht können.
Für manche Leute ist die Verbundenheit mit einem bestimmten Musik-Stil ein großer Teil ihrer Identität. Speziell beim Metal, der auf viele Arten rebellische Musik ist. Als ich ein Teenager war, habe ich mich nackt gefühlt, wenn ich keine schwarzen Jeans und ein T-Shirt einer meiner Lieblingsbands getragen habe. Dies war mein Weg dem Establishment "Fuck You!" entgegen zu schreien. Ich bin wirklich überzeugt davon, dass die Metal-Szene eine viel engere Gemeinschaft ist als in den meisten anderen Stil-Bereichen.
Auf der anderen Seite denke ich, dass Musik für viele Leute einfach etwas darstellt, um sich, aus welchen Gründen auch immer, wohl zu fühlen. Vielleicht macht der Sound aus dem Radio die täglichen Arbeiten weniger langweilig, vielleicht macht er den Arbeitsplatz weniger trüb und fade oder vielleicht ist Musik einfach dazu da, dazu zu tanzen, wenn du mit Freunden aus bist. Das Gute an Musik ist, dass du nichts über sie wissen musst, um sie genießen zu können, es gibt kein richtig oder falsch dabei.

HH: Hörst du dir viel neuen Black und Death Metal an? Irgendwelche neuen aufregenden Bands, auf die die Leser ein Auge werfen sollten?

Patrik: Ich schäme mich fast zu sagen, dass ich nicht mehr ganz so auf der Höhe bin, was die Szene anbelangt, wie früher. Trotzdem gibt es da einige Bands, die ich in letzter Zeit entdeckt habe. Eine davon ist Okkultokrati aus Norwegen. Dreckig, punkig, mit einer gesunden Prise Black Metal, ein willkommener Ausreißer aus all dem überproduzierten, hyper-technischen Metal da draußen. Ich mochte ihr Album von den ersten Noten ab und es wächst für mich immer noch. Natürlich sind da noch andere Bands, die aus der Masse hervor stechen, es sind jedoch meistens die alten Favoriten wie Cannibal Corpse, Vader oder Marduk, die aus meinen Boxen ballern, allerdings tendiere ich heutzutage auch dazu, mehr Non-Metal-Mucke zu hören. Es ist nichts Falsches daran, seinen Horizont von Zeit zu Zeit zu erweitern.

HH: Den Lesern gefallen schon immer Listen. Könntest du von daher so freundlich sein, eine mit den zehn, für The Forsaken einflussreichsten Alben zusammen zu stellen?

Patrik: Listen, huh? Ok, ich kann nicht für den Rest der Band sprechen, aber ich gebe dir meine zehn einflussreichsten Alben. Alben, die absolut prägend für mich waren, persönlich und als Musiker.

10. Iron Maiden: Number Of The Beast
Vielleicht eine der ersten Metal-Scheiben überhaupt, die ich mochte. Meine ältere Schwester hatte sie und wenn sie gerade mal nicht zu Hause war, stahl ich mich in ihr Zimmer und hörte mir die Scheibe mehrmals an. Immer noch meine Lieblings-Maiden-Platte.

9. Metallica: Ride The Lightning
Das erste Album, das ich mir wirklich selbst gekauft habe. Es ist eine knappe Entscheidung, aber ich denke es ist ihre beste Arbeit. Ein fast perfekter Mix aus Melodien, Speed, roher Energie und wunderbar stimmiger Atmosphäre. Ein Klassiker!

8. Entombed: Clandestine
Eines der ersten echten Death Metal-Alben, für die ich mich begeistert habe. Sie waren ohne Frage anderen schwedischen Death Metal-Bands zu dieser Zeit weit voraus. Ich mag sogar die Vocals, obwohl jeder sagt, dass sie scheiße sind.

7. Sepultura: Arise
Dieses Album hat mir die Augen geöffnet. Es hat mich zum Tempo-Abhängigen gemacht - und von schnellen Songs - und brachte mich dazu, an meiner Gitarren-Technik zu arbeiten. Sepultura haben wirklich Arsch getreten!

6. Marduk: Those Of The Unlight
Ihr am meisten melodisches Stück Arbeit, aber das war die Art von Metal, die ich mir Anfang der 90er angehört habe. Mir hat so ziemlich jedes Album gefallen, das sie bis jetzt heraus gebracht haben, aber jenes war so was wie die Einstiegsdroge für mich, die mich zum Black Metal gebracht hat.

5. Decameron: My Shadow
Ein recht unterbewertetes Album in meinen Augen. Thrashiger Melodic Death Metal, so wie er damals in den 90ern geklungen hat. Neben ein paar Killer-Melodien war es das musikalische Können, das mich weg geblasen hat. Eine der besten Drum-Performances überhaupt auf einem Death Metal-Album, meiner Meinung nach. Tight, aber trotzdem fuckin' groovy.

4. Death: Human
Welche Death Metal-Band, die auch nur entfernt eine "technische" Spielweise pflegt, hat dieses Album nicht auf ihrer Top-Ten-Liste? Es ist nicht nur die Tatsache, dass es der Konkurrenz um Längen voraus war, was die Arbeit an den einzelnen Instrumenten anbelangt, sondern: der patentierte Chuck-Sound ist in jedem Song absolut präsent.

3. Eucharist: A Velvet Creation
Ein weiterer ungerechtfertigterweise unterschätzter Edelstein aus der Vergangenheit. Es war Nicke, der mich zuerst dazu gebracht hat, mir diese Band anzuhören, und sie wurde sofort ein "Ohrgasmus" für mich. Ihr erstes Album von nur zweien war ziemlich originell, obwohl es schwedischer Melodic Death Metal war. Ein guter Mix aus folkigen, klassischen und atmosphärischen Sachen. Nicht einmal die schreckliche Produktion kann die musikalische Qualität dieses Albums zerstören.

2. At The Gates: Slaughter Of The Soul
Ich kann einfach nicht den Einfluss verleugnen, den dieses Album auf mich ausgeübt hat. In den ersten paar Jahren unserer Band haben wir viel Inspiration daraus schöpfen können. Keiner kann die Genialität dieses Albums abstreiten, selbst jetzt, da es neu aufgelegt wurde und Gazillionen von Bands versucht haben, den Sound zu kopieren. Ich habe mir das Album trotz allem wohl nicht mehr genau seit ca. zehn Jahren angehört. Obwohl wir mit ihnen nicht verglichen werden wollen, hat unser erstes Album eine Menge At The Gates-Einflüsse zu verzeichnen.

1. Dissection: The Somberlain
Ich war zwar nie ein echter Fanboy irgendeiner Band, wenn ich jedoch irgendwann einer war, dann aufgrund dieses Albums. Ein Monument, das immer noch verdammt brillant klingt, auch nach 20 Jahren noch. Die Kombination aus frostigem Death Metal und Melodien, die dein Blut in Wallung bringen, hat mich umgehauen wie kein Album zuvor. Ich wusste bis dahin nicht, dass es erlaubt war, Melodien zu nutzen, wenn man Death Metal spielt, von daher hat dieses Album absolut meine Augen geöffnet und wurde zum Standard, von dem aus alle anderen Alben beurteilt werden.

HH: Anders' Vocals hören sich auf der neuen Scheibe stärker denn je an. Irgendwelche Tipps für jüngere Sänger, um ihre Stimme so in Form zu halten?

Patrik: Da stimme ich überein! Seine Vocals auf der Scheibe lassen alles Vergangene alt aussehen. Ich weiß nicht, ob er irgendwelche geheimen Tricks außer Ingwertee und Honig auf Lager hat. Ich war wirklich ein wenig besorgt, dass seine Vocals nicht auf der Höhe für die Aufnahmen sein würden. Wir haben für dieses Album nicht wirklich hart zusammen geprobt, nicht so wie früher, und so wusste ich nicht, in was für einer Form er sein würde; es hat sich heraus gestellt, dass meine Befürchtungen völlig unbegründet waren.
Wir haben dieses Mal insgesamt viel Zeit auf die Vocals verwendet. Nicht, weil er keine guten Takes hinbekommen hat, sondern, weil wir schlicht das Beste aus ihm heraus holen wollten. Bei den anderen Alben war der Rest der Band bezüglich der Vocals kaum involviert. Für Traces Of The Past hat Anders die Vocals allein in seinem Studio innerhalb eines Tages aufgenommen. Die anderen von uns haben hier und da ein paar Vorschläge eingebracht, aber zu 90% wurden die Vocals innerhalb einer 8-Stunden-Session aufgenommen.
Dieses Mal haben wir pro Song sicher einen halben Tag benötigt, was sich absolut gelohnt hat. Die Vocals in unserem eigenen Studio, ohne Druck - zeitlich -, aufzunehmen, erlaubte uns, viel mehr zu experimentieren. Ich hatte ziemlich genaue Vorstellungen, wo ich die Vocals in höheren Tonlagen haben wollte und wo tiefere Growls angebracht waren, aber die besten Takes kamen dann heraus, wenn ich Anders einfach sagte, dass er sich verausgaben soll. Es gab auch eine Menge Zeit, um die Background-Vocals einzusingen, etwas, das wir davor vernachlässigt hatten. Footage von den Recording-Sessions kann man bei YouTube einsehen.

HH: Was wird die nahe Zukunft für The Forsaken bringen? Ich hoffe, wir müssen nicht erneut so lange auf neue Musik warten.

Patrik: Nein!!! Ihr müsst nicht mehr so lange warten. Wir werden das nächste Album diesmal in acht Jahren veröffentlichen! (hehe; Fuxx) Wir haben diesen Sommer noch einige Festival-Gigs und dann geht es daran, neue Stücke zu schreiben. Wir haben noch ein paar übrig gebliebene Riffs, die es nicht auf das Album geschafft haben, aber immer noch cool rüber kommen, sodass eine gute Basis da ist, um von dort aus zu starten.

HH: Irgendwelche Pläne für eine Deutschland-Tour, eventuell durch regionale Clubs?

Patrik: Es gibt ein paar geheime Pläne diesbezüglich. Anstatt acht Stunden gen Norden zu fahren, haben wir uns darüber unterhalten, das Gleiche gen Süden nach Deutschland und Holland zu veranstalten. Die Chancen sind immer da, dass wir unsere hässlichen Gesichter demnächst bei euch zeigen!

HH: Es hat mir wirklich, wirklich Spaß gemacht, diese Fragen für dich vorzubereiten. Mehr noch: es war mir eine Ehre und ich bin froh, dass ihr wieder da seid! Die letzten Worte gehören dir:

Patrik: Ich danke dir für dieses wohl überlegte Interview und auch wir sind froh, wieder da zu sein! Cheers!

Fuxx

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