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Interview

Interview mit Helloween (02.02.2004)

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Anlässlich der Tour im Oktober 2003 hatte ich die Gelegenheit, meine erste Heavy-Metal-Band zu interviewen - Helloween! Markus Großkopf und später auch Michael Weikath waren so nett, mir vor dem Konzert Rede und Antwort zu stehen.

HH: Bist Du aufgeregt?

Markus: Nö. Aufgeregt bin ich überhaupt nicht. Du?

HH: Ja. Ist mein allererstes Interview face-to-face, bisher hab ich nur E-Mail-Interviews geführt.

Markus: Ich werde Dich schon nicht auffressen. (lacht)

HH: Sind die anderen denn auch nicht aufgeregt vor dem Auftritt, ist das alles Routine inzwischen?

Markus: Och, Routine, ich denke, wenn man so was macht, dann bist du am falschen Platz, wenn du dir vor der Show in die Hosen scheisst. Ich werde immer tierisch müde vor der Show, etwa eine Stunde vorher, das ist wahrscheinlich auch eine Art der Aufgeregtheit. Aber ich zappel jetzt nicht rum oder krieg nen Rappel.

HH: War das denn früher schon genauso, zu Keeper-Zeiten zum Beispiel?

Markus: Vielleicht auf der allerersten Tour bei den allerersten Gigs, da vielleicht, aber auch da sind wir dann auf die Bühne und haben Krach gemacht, gnadenlos drauflos gerockt.

HH: Überhaupt keiner von euch, der da so richtig umherzappelt?

Markus: Nö, an sich nicht.

HH: Jetzt bin ich aber enttäuscht. Also seid ihr schon von Anfang an richtig alte Hasen gewesen.

Markus: Nö, das hat nichts mit alten Hasen zu tun... ich weiss auch nicht... ich mein', so'n Drummer hampelt vielleicht ein bisschen rum, um sich körperlich warmzumachen, der hat später auch mehr auf der Bühne zu tun. Ich weiss nicht, liegt wohl an der Einstellung, ich bin eben mehr so 'n ruhiger Typ. Ich hab schon von Leuten gehört, die kotzen vorher, aber naja... nö, also viel Aufregung oder Nervosität oder Lampenfieber hab' ich an sich nicht.

HH: Ist das Touren anders als früher, seid ihr in den Anfangstagen anders an die Sache rangegangen, hat sich was geändert im Lauf der Zeit?

Markus: Ja, ganz früher haben wir viel mehr gesoffen. Da haben wir viel mehr Bier getrunken, aber das hat sich alles relativiert.

HH: Wieso?

Markus: Man war halt 22 oder so, wir waren Anfang der Achtziger auf Tour, mit 22 Jahren in Amerika gewesen. Wenn du sowas schon ein paarmal gesehen hast, dann verhältst du dich schon ein bisschen anders. Wir sind jetzt um die 40, auch der Sascha, der ist 27...

HH: Das ist ja nicht so alt, ich bin auch 27...

Markus: ...nene, das ist nicht alt, aber man macht halt Dinge ein bisschen bedachter. Ich bin verheiratet, manche haben Kinder zuhause, da macht man manche Dinge anders als mit 22.

HH: Wie vereinbart ihr Beruf und Privatleben? Ihr seid viel unterwegs. Schreibt ihr Briefe, nutzt ihr E-Mail, telefoniert ihr?

Markus: Wir telefonieren. Ich richte meiner Frau gerade einen Computer ein, damit wir mal E-Mailen können, und manchmal, wenn wir in Deutschland sind, kommt sie uns auch mal für ein paar Tage besuchen. Und man bekommt eine sehr hohe Telefonrechnung. Ist auch hier und da mit Heimweh verbunden. Ich hab's ja nicht anders gewollt (lacht).

HH: Wie stellt ihr eure Setlist zusammen? Spielt ihr jeden Abend das Gleiche?

Markus: Wir spielen jeden Abend das Gleiche.

HH: Wird bei der Songauswahl demokratisch abgestimmt oder geht das nach dem Motto: Das muss rein, jenes muss rein, oder könnt ihr spielen, was ihr wollt?

Markus: Wir haben einige Songs, die sind immer drin, z.B. "Eagle Fly Free", "Dr. Stein" oder sowas. Und beim Rest variieren wir von Tour zu Tour, da spielen wir mal dies, mal das. Man hat ja nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung, ansonsten könnten wir vier Stunden spielen.

HH: Wie lange habt ihr Zeit?

Markus: Normalerweise haben wir zwei Stunden. Jetzt haben wir vier Gigs hintereinander, danach noch so einen Vierer-Block, das ist für die Stimme sehr anstrengend. Deshalb spielen wir nicht so lange. Wenn wir einen Zweier-Block und einen Tag frei und noch einen Zweier-Block haben, dann spielen wir schon mal zwei Stunden.

HH: Dann hängt die Spielzeit also vom Stress ab, den ihr habt?

Markus: Oder von der Menge der Gigs, die wir hintereinander spielen. Wenn wir vier, fünf Gigs hintereinander haben, dann ist das sehr anstrengend und hart für Andis Stimme. Wir hatten schon einen Ausfall auf dieser Tour, weil die Stimme weg war, da mussten wir wegen Erkältung drei Gigs canceln. Manchmal hast du keine warmen Räume wie hier, sonder Räume wo's zieht und da erkältet man sich leicht. Ich spiel' mit einer Erkältung meinen Bass, aber ein Sänger ist im Eimer.

HH: Gibt's eigentlich etwas, was du oder einer von den anderen mal wahnsinnig gern live spielen würdest, was aber noch nie gespielt worden ist?

Markus: Ich spiele gern "Keeper". Aber das ist heute in der Setlist. Auch ein bisschen "Starlight" ist drin und ein bisschen "Murderer".

HH: "Murderer"?

Markus: Ja, von der "Walls of Jericho".

HH: Wie läuft's mit dem neuen Line-Up? Es ist immerhin die erste Tour mit den beiden Neuen. Und auf Tour...ihr seid wochenlang unterwegs und da hockt ihr doch ziemlich aufeinander...

Markus: Deshalb haben wir uns auch dafür entschieden, mit den anderen beiden nicht mehr weiterzumachen, weil es eben nicht mehr ging, weil wir gemerkt haben, dass da etwas nicht mehr stimmt. Du merkst, etwas ist falsch, und da musst du eine Veränderung vornehmen, weil du ja irgendwie weiterarbeiten musst. Deswegen haben wir uns entschieden, was zu ändern. Wir sind auch nicht übereinander hergefallen, sondern sind übereingekommen, sie machen das was sie wollen und wir machen unser Zeug wie wir das wollen, und das war dann schon okay.

HH: Macht ihr denn das was ihr wollt? Denn immer wenn's größere stilistische Änderungen auf einer Platte gab, hatte das einen Split hervorgerufen. Bei der "Chamäleon" ist der Kiske weggegangen, jetzt nach der "Dark Ride" gingen Grapow und Kusch. Haltet ihr euch bewusst auf diesem typischen "Helloween-Kurs", oder ergibt sich das einfach so, weil ihr die Musik gern so macht?

Markus: Naja, die "Dark Ride" zum Beispiel, das war so: Wir haben eigentlich immer gemacht, was wir wollten. Zwischendrin kamen Leute und sagten: "Macht mal hier das" und wir haben trotzdem gemacht was wir wollten. Aber dann sind sie (Grapow und Kusch - Red.) uns solange auf den Wecker gefallen, bis wir gesagt haben "Okay wir machen es so wie ihr wollt". Wir haben uns damit auf so ein Spiel eingelassen. Dann haben sie uns einen amerikanischen Produzenten aufgedrängt, der ist ganz nett gewesen, toller Typ und so, aber der hat auch seinen Einfluss genommen, was die auch wollten. Wir haben dann gesagt "Nagut, machen wir es halt eben mal so". Und wir haben geschaut, was passiert. Im Endeffekt wollten sie uns auf dem amerikanischen Markt etablieren. Dabei hatten wir anfangs nichtmal einen amerikanischen Plattenvertrag dafür an Land gezogen, sondern erst viel später, als wir dann gesagt haben "Ja jetzt ist es zu spät". Denn nach einem Dreivierteljahr haben sie die DVD und du kriegst keine anständigen Konditionen mehr, dann kommt jemand daher und bietet uns 20.000 Dollar... und dafür sind wir uns zu schade.

HH: Also wurden die musikalischen Änderungen aus kommerziellem Kalkül gemacht?

Markus: Wir haben uns auf deren Ideen und Vorstellungen eingelassen und es so gemacht, wie sie wollten, nur um zu sehen, was passiert. Und in Amerika ist dann nichts passiert. Dann haben wir gesagt, wir machen so nicht weiter und tun das, was wir immer machen.

HH: Habt ihr nach all den Jahren immer noch im Blut, diese lebhaften Double-Bass-Nummern zu schreiben, wie sie bei "Rabbit Don't Come Easy" wieder verstärkt zum Zuge kommen, oder macht ihr das nur, weil die Fans das so wollen?

Markus: Es geht teilweise automatisch so, wenn du Ideen hast. Mittlerweile hat sich das so gefestigt. Weiki und auch Andi manchen manchmal Sachen, die nicht so sind, sondern ein bisschen anders. Wir halten uns immer Türen offen. Weiki's Songs, z.B. "The Game Is On", sind nicht so stereotyp. Die typischen Sachen kommen schon automatisch, aber wir versuchen Vielfalt reinzubringen. Da wird dann produziert, arrangiert, versucht und gemacht. Nicht dass die typischen Songs keinen Spaß machen würden, im Gegenteil.

HH: Das würde man auch hören, wenn nix dahinter stünde, grad auch live. Das bedeutet, dass die Reaktionen von Presse und Fans auf eine Platte keine Auswirkungen auf das Songwriting haben.

Markus: Nicht unbedingt.

HH: Macht ihr also immer das, worauf ihr grad Lust habt?

Markus: Jo. Wir spielen das, wovon wir denken, das ist jetzt cool, das macht unseren Bauch zufrieden. Das ist dann das, was die dann halt auch fressen müssen oder nicht. Man kann es im Endeffekt nie jedem recht machen. Es gibt viele, die finden die "Dark Ride" total geil, es gibt welche, die finden die "Dark Ride" wiederum nicht geil... was willst du machen?

HH: Wie hat sich die "Rabbit..." im Vergleich zur "Dark Ride" verkauft?

Markus: Ich hab von der "Rabbit..." noch gar keine Zahlen...(wendet sich an den gerade reinkommenden Michael Weikath) Wie hat sich "Dark Ride" verkauft?

Michael:: Wir haben keine Zahlen, aber sie ist nach Managementangaben die am miserabelsten verkaufte Platte.

HH: Wie ist eigentlich die Hierarchie in der Band? Ist er (Weikath) der große Macker oder seid ihr beide als letzte verbliebene Gründungsmitglieder die Tonangebenden, oder seid ihr alle gleichgestellt?

Markus: Nö. Wir versuchen schon alles gemeinsam zu machen. Es gibt manche Entscheidungen, die machen wir zum Teil im Moment noch zu dritt. Aber wir integrieren die Leute irgendwann schon soweit wie's geht. Wir haben den Sascha genommen, weil wir nicht nur einen Gitarristen brauchten, sondern auch musikalisch vorankommen wollen. Der soll ruhig seine Sachen machen, Songs schreiben, es ist ja grade unser Begehr, so vielfältig zu sein, wie's nur irgendwie geht. Deswegen hat er auch drei Songs auf der Scheibe.

HH: Aber beim Songwriting mitmachen und bei Entscheidungen mitreden, das sind zwei verschiedene Dinge.

Markus: Ja, sicher. Aber das muss auch erstmal wachsen.

HH: Weikath hat mal in einem Interview gesagt, dass ihr euch die alten Alben zwischendurch anhört und dass das ein Gefühl ist, als würde man in einem alten Fotoalbum blättern. Gilt das für alle Alben gleich oder ist es so, dass jeder von euch seine Lieblingsalben hat und manche gar nicht mehr hören will?

Markus: Ich hör' mir die alle gern an. Das sind alles Sachen, die man gemacht hat und wir haben einen Backkatalog von 20 Jahren. Ich find es geil, dass da verschiedene Sachen drin sind, anstatt immer wieder dasselbe zu haben.

HH: Es gibt keine definitive Lieblingsplatte?

Markus: Nicht unbedingt. Die Lieblingsplatte ist immer die nächste.

HH: Könnt ihr euch noch erinnern: Bei der "Time Of The Oath"-Tour hattet ihr Bruce Dickinson mit seiner Band "Skunkworks" und die Amis "Skin" dabei. Es war mein allererstes Metal-Konzert - ich hatte erst spät angefangen, Metal zu hören - das kommt davon, wenn man auf einer katholischen Mädchenschule ist...

Michael: Oha!

Markus: Er war auf einer katholischen Jungenschule.

HH: Sieht man ihm gar nicht an.

Markus: Sieht man dir auch nicht an, dass du auf einer Mädchenschule warst... Du machst 'nen braven Eindruck, aber wer weiss, was dahintersteckt...?

HH: Ich mach einen braven Eindruck?? Jedenfalls, damals auf dem Konzert hattet ihr ihn dabei, und Bruce Dickinson ist überhaupt nicht beim Publikum angekommen. Alle saßen nach seinem Auftritt platt am Boden; den meisten Applaus bekam er, als er sagte "We're now playing our last song"...und als ihr dann auf die Bühne gekommen seid, ist die Temperatur von 0° Kelvin auf hoch gesprungen... habt ihr das auf der ganzen Tour so erlebt?

Markus: Ich glaube, er selbst fühlte sich noch nicht so richtig wohl mit Skunkworks. Den größten Applaus hat er immer bekommen, wenn er zwischendurch Maiden-Songs gespielt hat und das hat ihm ziemlich gestunken. Er hat sich selber nicht wohlgefühlt und das hat man gemerkt.

HH: Auf mich machte er den Eindruck als hätte er sich vorher ziemlich abgedichtet, damit er's grad so erträgt... wie ist es denn, wenn der Support sich nicht wohlfühlt, nicht so gut ankommt, ist es dann schwieriger für die Hauptband?

Markus: Nö, für uns nicht, denn das ist im Endeffekt das Problem der Vorband.

HH: Wie ist denn das Verhältnis zu Rage?

Markus: Sehr gut. Ich kenn den Mike schon lange, der wohnt schon 'ne ganze Zeit in Hamburg. Man hat schon mal ein Bier zusammen getrunken... Wir haben ein gutes Verhältnis, sehr herzlich.

HH: Wie ist das Engagement von Rage zustande gekommen, von wem ging das aus?

Markus: Es standen ein paar Ideen, unter anderem auch Rage. Rage fanden wir dann am geilsten.

HH: Nun hab ich noch ein paar Standardfragen, die nichts direkt mit Helloween zu tun haben: Hier gleich die berühmteste: Welche Person und welche drei Dinge würdet ihr auf die berühmte einsame Insel mitnehmen?

Markus: Meine Frau und drei andere Frauen, haha! Drei andere Dinge?

HH: Ja, drei Dinge.

Markus: Also zuerst mal einen Sack voller Gewürze und Kräuter...

HH: Kannst du kochen?

Markus: Ja. Den Rest würde ich mir da schießen. Sonst schmeckt das ja alles nach Arsch und Friedrich... das war eins von den Dingen... eine Wünschelrute, um Wasser zu finden oder einen Zauberstab, der mir herbeizaubert, was ich haben will.

HH: Das ist ja doof.

Markus: Weiss ich nicht... Das waren jetzt zwei, aber das reicht...

HH: Was wollt ihr mit Helloween noch erreichen? Berühmte Rockstars seid ihr ja schon, ihr könnt von eurer Musik leben... was wollt ihr noch?

Markus: Es gibt einige Länder, die wir noch nicht gemacht haben, einige Shows, die man noch headlinen kann, einige Festivals, die wir noch nicht geheadlined haben, es gibt schon noch einiges. Du bist immer mittendrin, also musst du auch schauen, dass du bei dem ganzen Kram mal Headliner wirst.

HH: So ähnlich wie die Champions League der Musik...

Markus: Jo, natürlich, warum nicht? Wir sind jetzt immer noch unterhalb der Champions League, da gibt es noch Kategorien von Bands, die spielen über uns.

HH: Aber nicht weit... (Achtung: Schleimspur, bitte nicht ausrutschen! - Red.)

Markus: Ja, aber trotzdem ist es noch ein Weg dahin.

Michael: Solange wir noch die Energie haben...

HH: Wenn ihr nochmal fünfzehn wärt, würdet ihr alles genauso machen oder, anders gefragt, was würdet ihr anders machen?

Markus: Musikalisch würde ich nichts anders machen, keine Frage. Auf den ganzen Business-Kram, auf den würde ich von vornherein mehr ein Auge haben, als wir das gemacht haben. Das hätte man von vornherein ein bisschen optimieren können.

HH: Also im großen und ganzen seid ihr zufrieden?

Markus: Nö. (lacht) Von der Seite aus nicht, deswegen sag' ich das ja.

HH: Wer sind eure Vorbilder?

Markus: Musikalisch?

HH: Musikalisch wie persönlich, ganz allgemein.

Michael: Cassius Clay war 'n ganz toller Typ, der hat sich mal für was eingesetzt, find ich. Der hatte 'n Arsch und Eier.

HH: Den kenn ich gar nicht.

Michael: Muhammad Ali?

HH: Ah.

Michael: Das war doch'n Vorbild und hat dabei Spaß gemacht. Hat immer eine große Klappe gehabt und hat viel von seinen Sachen durchgesetzt, die er machen wollte. Als Schwarzer zu der Zeit, was er da so gemacht hat, find ich schon ganz schön geil und mutig. Wenn du dir mal so Berichte anguckst... er hat Dampf gemacht mit seiner Meinung, mit dem was er sagen wollte. Hat natürlich dafür auch Ärger gekriegt, aber da hat er einfach drauf geschissen. Und das find ich gut.

HH: Seid ihr nicht in einer Position, wo ihr einfach euer Ding durchziehen könnt, oder müsst ihr immer noch Rücksichten nehmen?

Markus: Ah, was heisst Rücksichten nehmen... es wird teilweise viel zu viel Rücksicht genommen auf uns, unberechtigterweise oder wie soll man das sagen... man könnte ein bisschen mehr Arsch hinter packen, hie und da...

HH: Kannst du das mit einem Beispiel erläutern? Ich kapier' grad nicht, was du damit meinst...

Markus: Ja, zum Beispiel das was ich vorhin von der "Dark Ride" und von Amerika gesagt habe... von wegen macht mal das und dann werdet ihr groß... und dann haben sie nichtmal diesen scheiss Plattenvertrag zustande gekriegt...

Michael: Es war ein großes Problem, dass alle in Amerika zu der Zeit auf diese Musikrichtung abgefahren sind, weil das angesagt war. Aber für mich war das Verrat. Nur haben das nicht alle so gesehen, ich war der einzige, der wirklich was dagegen hatte.

HH: Darüber haben wir vorhin schon geredet, dass das mehr 'ne Stiländerung zum Zweck der Kommerzanbiederung an den amerikanischen Markt war....

Michael: Du wirst da drüben so mit Kackmusik zugeballert, dass du manchmal schon gar nicht mehr merkst, wie du deinen Geschmack veränderst. Nur bin ich so extrem dickköpfig, dass ich sowas nicht mitmache. Aber das kann man nicht von jedem erwarten. Es ist auch nicht schlimm, es passiert einfach...

HH: Nun, ihr habt eure Konsequenzen gezogen und ich dachte, dass es mit den neuen Leuten jetzt besser läuft.

Markus: Jo, jetzt lassen wir uns in das Musikalische nicht mehr reinpfuschen und sagen: wir machen jetzt das was wir gemacht haben und fertig. Wie's vorher auch war. Das war halt 'n Versuch, wovon sich die anderen etwas erhofft hatten. Wir hatten uns auch was davon erhofft, weil sie gesagt haben, wenn wir das so machen, dann passiert das und das. Ich wollte für mich nur rausfinden, ob das dann so stimmt; dass man nach fairen Regeln spielt, ob die auch einhalten können, was sie im Vorfeld daherversprochen haben.

Michael: Es wäre ja auch nicht so schlimm gewesen, wenn's denn was geworden wär...

HH: Hat halt nicht geklappt...

Michael: Ich bin schon froh, dass es die "Dark Ride" gibt, so im Nachhinein, aber die Entstehung war nicht so toll.

HH: Ihr seid über neun Wochen unterwegs. Ihr habt die Möglichkeit, die ganzen Klischees des Rockstarlebens auszuleben. Was ist an den ganzen Klischees am wenigsten wahr? Das viele Geld, der viele Alkohol, die vielen Groupies?

Markus: Alles.

HH: Es ist alles nicht wahr?

Markus: Es ist eine große Rock'n'Roll-Lüge. (lacht) Ich weiss nicht... wenn du dich anstrengst, dann kannst du bestimmt jemanden finden, der dir Koks verkauft, wenn du es drauf anlegst, kannst du dir Mädchen holen und jede Nacht Party machen und Leute in den Bus einladen, das hängt ganz von dir ab. Das geht bestimmt. In den Achtzigern war das vielleicht noch mehr angesagt; heute müsste man sich ein bisschen mehr anstrengen, um sowas auf die Beine zu stellen. Aber unmöglich ist es nicht.

Michael: Groupies sind meistens junge Dinger, die dich kennenlernen wollen. Groupies sind eher bei älteren Bands, da aber jahrelang. Auf der anderen Seite suchen sie sich lieber jüngere Bands, weil man die leichter an der Nase rumführen kann.

HH: Dann ist das Rockstarleben für euch mehr Arbeit als Vergnügen, ausser wenn ihr auf der Bühne steht, natürlich.

Michael: Das ist auch Arbeit.

HH: Wie schlagt ihr die viele Zeit auf Tour tot, wenn ihr nicht grade Soundcheck macht oder auf der Bühne steht?

Markus: Wir gucken Filme, wir beschäftigen uns mit unseren Laptops, hie und da mal ein bisschen Bier trinken... jo. Solche Sachen.

HH: Apropos Laptops: Habt ihr eigene Internetanschlüsse?

Michael: Ja, jeder von uns hat Internet zuhause.

HH: Wofür und wie intensiv nutzt ihr das Internet?

Michael: (grinst mich an): Pornos und Systemsoftware.

HH: Jetzt mit dem neuen Urheberrecht ist die Diskussion um mp3s und Kopieren von CDs wieder neu aufgeflammt. Wie steht ihr dazu? Seid ihr liberal eingestellt, weil ihr euch der Meinung anschließt "Tapetrading gab es früher auch", oder sagt ihr "Das schädigt uns direkt"?

Markus: Ich weiss gar nicht, was ich da groß sagen soll. Die Problematik... (überlegt) als es Kassetten gab, haben die Leute nicht soviel Wind darum gemacht. Jetzt ist auch die Qualität besser. Und in Südamerika ist es beispielsweise so: da spielst du Riesenshows, in jeder Stadt vor 5000 Leuten und wenn du dir dann die Verkaufszahlen anschaust... du verkaufst hier mal 800, dort mal 1000... das ist nicht viel. Da kannst du schon deine Schlüsse ziehen. Aber man kann nichts dagegen machen. Du kannst dich auch nicht den ganzen Tag drüber ärgern, weil du dir nur die Nerven kaputtmachst und dich irgendwann zu Tode ärgerst. Also lebst du damit, weil du auch nichts dagegen machen kannst. Das Internet ist unkontrollierbar, nicht nur in dieser Beziehung. Das ist wie mit den Naziseiten und der Kinderpornographie: Die Verantwortlichen können nicht belangt werden, weil man sie nicht findet. Da steht dann irgendwelche Kacke und du kannst nichts mehr dagegen machen. Und genauso ist es mit den mp3-Geschichten. Wie du das ändern willst? Mit Gesetzen? Brauchen wir mehr Gesetze? Du kannst die Leute nicht belangen und du kannst nichts machen.

HH: Zieht ihr euch selber Sachen aus dem Netz, z.B. von anderen Bands, um mal reinzuhören?

Markus: Ich mach das selten. Am ehesten wenn ich auf Tour bin, dann zieh ich mir Songs oder CDs, die ich schon gekauft und zuhause habe. In dem Sinne ist es keine Piraterie, denn ich habe die Gema-Gebühr schon bezahlt.

HH: Welche CDs habt ihr euch in den letzten Monaten zugelegt?

Markus: Die neue System Of A Down hab ich mir geholt, wegen zwei Songs, die ich ziemlich geil finde; die neue Soilwork, "Figure Number Five", das ist Moment meine Lieblingsscheibe, die wird wohl auch eine meiner All-Time-Faves werden.

Michael: Worum geht's grad? (hat zwischendrin mit jemand anderem gelabert - Verf.)

Markus: Welche Platten ich in den letzten Monaten gekauft habe.

HH: Kaufst du dir CDs?

Michael: Natürlich.

HH: Was waren so die letzten?

Michael: Die The Darkness hab ich mir gekauft, die neue von David Bowie hab ich mir gekauft, die find ich allerdings nicht so gut wie die davor... und dann hab ich mir die neue Fleetwood Mac gekauft.

HH: Ahja, die hatten erst kürzlich 'ne Reunion...

Michael: Ja, die ist richtig geil. Obwohl nicht alle vom Original-Line-Up dabei sind.

HH: Naja, bei euch seid auch nur noch ihr zwei vom Original-Line-Up übrig, gell?

Michael: Die Platte ist jedenfalls total geil.

HH: Gar nichts metallisches, was du dir anhörst.

Michael: Ich hör' mir alles an, jetzt nicht Reggae oder HipHop, aber sonst so ziemlich alles.

HH: Und der ganze NuMetal-Bereich... System Of A Down wurde schon erwähnt... seht ihr das als vorübergehende Modeerscheinung oder denkt ihr, dass sich Bands wie Limp Biskuit weiter halten werden?

Markus: Naja, so Sachen wie Limp Biskuit oder Linkin Park, wenn der Typ anfängt zu rappen, das erinnert mich immer an Oli P. - dann krieg ich schon so'n Hals. Da hör ich mir lieber Soilwork an, die bringen schon eher was auf die Reihe.

HH: Aber Soilwork sind ja kein NuMetal.

Markus: Nö, aber die haben auch so eine Art Sprech-Schrei-Dingsbumsgesang. Das finde ich viel konsistenter als bei Linkin Park.

Michael: Ich will da gar nicht drüber reden, von mir aus können die alle sofort andere Jobs anfangen oder sterben. Das interessiert mich Null, das macht mich aggressiv und ich will's auch nicht hören. Das hat auch mit Metal nichts zu tun.

HH: Immerhin sind Gitarren dabei.

Michael: Na und? Die könnten sie sich auch um den Hals wickeln, das ist genau das Gleiche. Die können sich auch übern Arsch reiben. Da ist soviel Geschrei dabei, das kein Mensch braucht.

HH: Ich seh's halt unter dem Aspekt, dass Kiddies durch Nu Metal eher auf den richtigen Pfad geführt werden könnten.

Michael: Nee, damit kriegst du sie nicht auf den richtigen Pfad. Weißt du, ich war doch auf dieser katholischen Jungenschule, und da haben sie dir beigebracht, dass im Leben eigentlich immer nur das Positive zählt. Und dass es auch immer irgendwo irgendwie ein bisschen um den lieben Gott gehen sollte. Und damit haben diese NuMetal-Bands überhaupt nichts zu tun. Sie sind irgendwie Vorreiter des schlechten Geschmacks, die Inkarnation des schlechten Geschmacks. Ich hab an der Schule Qualitätsbegriffe beigebracht gekriegt, die ich auch irgendwo für richtig halte. Und natürlich kann jetzt jemand von denen ankommen und mir erklären wollen, was an dem, was sie machen, jetzt so verdammt gut sein soll. Aber das interessiert mich nicht. Tut mir auch ganz schrecklich leid (Grosskopf kichert dreckig). Irgendwer muss das doch sagen. Ich hasse das Zeug, weg damit. Das lenkt die Jungen höchstens davon ab, sich ne vernünftige Rockscheibe zu kaufen.

HH: Ok, zu was anderem. Was haltet ihr von Bücksex?

Markus: Von was?

HH: Bücksex.

Markus: Bücksex....? (guckt doof)

HH: Bücksex.

Markus: Was verstehst du unter Bücksex?

HH: Naja, die Frau bückt sich und der Mann macht mit ihr Sex...

Markus: Ist doch fein, wieso denn nicht?

Michael: Was ist das?

Markus: Bücksex. Die Frau bückt sich und der Mann macht Sex.

Michael: Ach so! So heisst das?

HH: Jo!

Markus: Dass es so heisst, hab ich noch nicht mitgekriegt, aber das hab ich schonmal gemacht (lacht).

Michael: Macht man das jetzt in eurer Ecke so?

Markus: Oder wie meinst du's?

HH: Nee, ganz allgemein.

Markus: Ich hab' das noch gar nicht so mitgekriegt....

Michael: Ich verfolg die deutsche Medienlandschaft zuwenig, um sowas mitzukriegen.

HH: Das ist auch gar nicht aus der deutschen Medienlandschaft.

Michael: Ach so, das ist dann nur so ein Schlagwort.

Markus: Aber dass die dann schon wieder einen Begriff dafür rausgepult haben... das ist ja interessant. Wahrscheinlich, wenn ich nach Hause komm nach Hamburg, dann redet jede Sau von Bücksex.

HH: Nö, glaub ich nicht. So ein Schmarrn fällt nur uns ein. Was ist für euch die perfekte Brustgröße?

Markus: Och, da schau ich gar nicht so drauf, das muss ja irgendwie, wie soll man sagen, alles stimmen.

Michael: Brustgröße ist egal, auf die kommt's überhaupt nicht an.

Markus: Von mir aus braucht sie auch gar keine haben.

Michael: Das sehe ich auch so.

HH: Sondern?

Markus: Ich bin halt nicht an Titten interessiert so wie andere.

HH: Schaut ihr dann eher auf Gesicht, Augen oder den Charakter?

Michael: An Beinen und Ärschen bin ich interessiert oder überhaupt, dass eine so ganz nett aussieht.

HH: Ist ja interessant, was da alles rauskommt.

Michael: Es sind eher kleine Kinder, die an Brüsten interessiert sind. So stand's jedenfalls mal im Playboy, da hatten sie mal Forschungen betrieben und da ergab sich dann, dass die meisten da doch irgendwie mal darauf gekommen sind (Blasen?? - Red.). Von daher ist die Fragestellung für mich eigentlich unerheblich, weil wieviel die dann hat, ist mir dann eigentlich völlig wurstig. Ausser es ist zuviel, das mag ich nun gar nicht.

HH: Ab wann ist zuviel zuviel? D oder DD oder "Hängt bis zum Knie"?

Michael: Da kenn' ich mich nicht aus, ich kann nur annehmen, dass das dann schon sehr groß ist.

HH: Ok, gibt es noch irgendetwas, das ihr unbedingt loswerden wollt an die Münchener Metalgemeinde?

Markus: Bücksex! Ich wollt mal fragen, ob die wissen, wo der G-Punkt ist? (Hat ihn wohl bei seiner Frau gefunden, der Gute!!;)) - Red.)

HH: Laut Michael Mittermeier braucht man da einen Penis wie eine Cruise Missile, um den zu finden.

Markus: Ich mein', da sind wir ziemlich hinten dran. Das erste Mal wurde das schon 1982 in Amerika beschrieben. Das dauerte dann 10 - 15 Jahre, bis das dann in Deutschland überhaupt mal aktuell wurde. Und ich find das witzig, dass da heute erst in Deutschland darüber gesprochen wird. Das kannte ich schon 15 Jahre vorher!

HH: Ok, dann vielen Dank für das nette Interview!

Kara

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