Review
Iron Maiden - The Early Days (The History Of Iron Maiden - Part 1)
VÖ: 01. November 2004
Zeit: DVD1 120:00 - DVD2 195:00
Label: EMI Music
Homepage: www.ironmaiden.com
Leicht hat man's nicht als Maiden-Fan. Nicht genug damit, dass es immer noch Leute gibt, die nicht wissen, dass Maiden (und nicht die Ärzte) die beste Band der Welt sind. Auch nicht genug, dass sie immer wieder zu uns kommen und man immer wieder hingehen muss, obwohl man ja eigentlich viel zu alt für diesen Kram ist. Nein, der emsige Geschäftsmann Steve Harris schneidet uns auch regelmäßig tiefe Löcher in den Geldbeutel. Grade eben dachte man noch, man besitze jetzt alles, was zu einem ordentlichen Jungfrauen-Archiv gehört - und dann kommen die Jungs mit einer neuen DVD um die Ecke, für die es nur ein einziges Urteil gibt: musst käff!!
Denn für alle Maiden- und Metal-Fans ist The Early Days schlicht und ergreifend ein Traum. Mit den beiden DVDs Rock In Rio (der Konzertaufzeichnung aus der Brave New World-Tour) und der Video-Kollektion Visions Of The Beast haben die Metal-Veteranen den Jungspunden schon mal gezeigt, wie so was geht. Erstklassige Bild- und Soundqualität, Top-Material und interessante Extras. Schon allein das Menü von Visions Of The Beast ist ja Gold wert. Und jetzt? Jetzt schmeißen sie uns wieder Zeug um die Ohren, was noch nirgends anderweitig zu haben war, und zwar die gesammelten Werke aus ihrem Rümpelkeller. Und das sind nicht irgendwelche müden B-Seiten oder alternative Fassungen, sondern eine umfassende Geschichte der Band, beginnend mit den Anfangstagen in den späten 70ern im Londoner East End bis hin zum letzten Konzert der umjubelten World Piece Tour 1983. Verteilt ist das ganze auf zwei DVDs, die fetter nicht mehr sein könnten. Auf einer Spielzeit von insgesamt mehr als fünf Stunden (!) findet der Maiden-Afficionado einfach lückenlos alles zu seinen Lieblingen.
Die erste DVD versammelt Live-Dokumente von fast schon historischem Wert: Iron Maiden Live At The Rainbow bringt das erste Live-Video von 1981 (30 min.) und damit eines der ersten Live-Videos, das eine Metal-Band überhaupt vorlegte. Faszinierend die noch ungehobelte, punkige Attitüde, mit der Harris und Freunde hier zu Werke gehen und die Songs vom ersten Album und vom Nachfolger Killers präsentieren. Bislang unveröffentlichtes Material zeigt dann der Mitschnitt der Beast On The Road-Tour im Londoner Hammersmith von 1982, wo Maiden erstmals als Headliner unterwegs waren. Ursprünglich als weiteres Video geplant, stellten sich die Aufnahmen als qualitativ unbrauchbar heraus und wurden bislang nicht auf die Fans losgelassen. Für die DVD hat man nun mit den Hilfsmitteln des digitalen Zeitalters fleißig poliert und das möglichste herausgeholt, so dass wir Maiden erstmals wenigstens für 45 Minuten mit dem jungen Fronter Bruce Dickinson erleben können. Göttlich.
Auch die Reaktionen der Menge: hier gab's noch keine Hörner, Headbanging nur sehr verhalten - man erlebt direkt mit, wie sich die Metal-Ästhetik so langsam herausbildet. Wo sonst kann man das geballt verfolgen? Der absolute Knüller (zumindest für mich) folgt dann auf dem Fuße: das fulminante Abschlusskonzert der World Piece Tour, das 1983 in Dortmund stieg und im Rahmen der legendären RockPop-in-Concert Themensendung Heavy Metal im gutbürgerlich-rechtlichen deutschen Fernsehen gesendet wurde. Wochenlang haben wir uns damals gefreut auf diesen Samstag Abend, an dem unsere Helden Scorpions, Judas Priest, Def Leppard, Quiet Riot, Ozzy Osbourne und eben Maiden durch die deutschen Wohnzimmer fegten und unsere Altvorderen vollends überzeugten, dass wir samt und sonders demnächst vom Teufel geholt werden. Da sich dies im Zeitalter vor den Videorecordern zutrug (ja, liebe Kleinen, das war mal so), blieb bislang nur die seinerzeitig mitgeschnitte Audio-Kassette - und der kurze Schnipsel, der auf der Maiden-Video-Sammlung 12 Wasted Years von diesem Auftritt zu sehen ist.
Aber jetzt kann man sich endlich wieder in voller Pracht und Farbe davon überzeugen, warum sich Maiden in dieser Zeit in die Metal-Weltklasse spielten. Frisch versorgt mit neuem Drummer Nicko McBrain, hauen sie die Dortmunder Westfalenhalle zumindest audiotechnisch in Klump. Selten hatten Songs wie "The Trooper", "Sanctuary" oder "Revelations" so viel Power. Nur die Eddie-Abschlachtung am Ende hat man herausgeschnitten - aber die gibt's wie gesagt auf dem Video 12 Wasted Years. Wunderbar: die Kameraleute mit den dicken Micky-Maus-Kopfhörern. Ein Stück Fernsehgeschichte!
Kaum hat man sich von diesem Ansturm erholt, folgt auf DVD 2 das Kernstück der Extras: eine 90-Minuten-Dokumentation "The Early Days", bei der bis auf den Hausmeister wirklich jeder zu Wort kommt, der jemals irgendwas mit Maiden zu tun hatte, von ehemaligen Band-Mitgliedern (und davon gibt's überraschend viele!) bis hin zum Management, Produzenten und natürlich Cover-Zeichner Derek Riggs. Erschreckend dabei, wie heruntergekommen Paul di'Anno aussieht, und traurig, wie der mittlerweile an multipler Sklerose erkrankte ehemalige Drummer Clive Burr darüber sinniert, dass er durch seine Sauferei wohl selbst aus seinem Rausschmiss schuld war. Deutlich wird in dieser Dokumentation vor allem, dass sich Steve Harris von Anfang an, von den ersten Pub-Auftritten weg durch nichts und niemand beirren ließ und sein Ding durchgezogen hat. Die internen Reibereien, die das bisweilen mit sich brachte, sind bekannt und führten dann ja schließlich auch zum vorübergehenden Ausstieg von Bruce Dickinson. Aber Schwamm drüber, mittlerweile haben sie sich ja wieder zusammengerauft.
Die Schwarz/Weiß-Doku der BBC von 1981 zeigt eine Band auf dem Sprung zur Berühmtheit, und danach gibt's noch ein Home-Video von einem Pub-Auftritt im Ruskin Arms, das ja dann auf dem Killers-Cover verewigt wurde. Aber der Spaß geht immer noch weiter: man kann sich noch durch das Band-Tagebuch von Steve Harris klicken (sehr interessant) und eine Wagenladung von Fotos ansehen (weniger spannend). Daneben gibt's noch fünf Videos - was wirklich die einzige Überschneidung zu bisherigen Veröffentlichungen (Visions Of The Beast) darstellt. Und wer bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dass ich das Teil nur wärmstens empfehlen kann, der merkt eh nix mehr. Up the Irons!!