Review
M3 - Rough An' Ready (DVD)
M3 - kenn ich, das ist doch ein Auto, mit dem man krass auf dicke Hose machen kann. So mit dausend PS und so. Aber das ist doch hier nicht gemeint, oder? Nein, hinter diesen M&Ms verbergen sich auch keine Schokobomboms, sondern drei ältere Herren mit Namen Bernie Marsden, Micky Moody und Neil Murray. Und zu diesem Trio gehörte ein gewisser David Coverdale lange Jahre wie das Salz zur Suppen. Die Gitarren- und Bassfraktion, die diese drei Tenöre hier ausmachen, verlieh den Whitesnake-Scheiben der ersten Phase, also aus der Zeit vor dem Mega-Album 1987, den unverwechselbaren Charakter: erdig, bluesig, songwriting-orientiert. Genau in diese Zeit führt uns diese DVD zurück, also bis zur Mitte der 80er - bevor Coverdale die besten Songs von diesen Platten (man denke nur an Trouble, Saints and Sinners und Ready An' Willing) in einen Luftballon steckte, diesen zusammen mit John Sykes kräftig aufblies und dann in den Stadien dieser Welt umherschwirren ließ. Dass Whitesnake auch in ihrer Blues-Phase live eine Macht waren, davon kann man sich noch heute auf dem exzellenten Album Live...In The Heart Of The City überzeugen, wo die Mannschaft Moody, Marsden und Murray die Sangeskünste von Meister Coverdale mit technischer Meisterschaft in Szene setzt. Ganz ohne die oben angesprochene dicke Hose übrigens, die die Stadion-Konzerte manchmal ein wenig erdrückte, sondern konzentriert auf die Melodie.
Offensichtlich beschäftigt die gute Zeit die Herren immer noch, denn für diese DVD haben sie sich nach Jahren nochmal zusammengerafft und bieten uns, so sagt es uns zumindest das Cover, "Whitesnake's Greatest Hits". Oha, fragt sich der geneigte Hörer - und wer singt denn da? Der große Zampano ist ja recht erfolgreich selbst wieder unterwegs. Na, dann mal eingelegt, und erst mal verwundert die Augen gerieben. Alt sind sie geworden, die Gentlemen, vor allem Basser Murray - Micky Moody macht noch einen schlanken Fuß, was man von Herrn Marsden nicht gerade behaupten kann. Aber kaum greifen sie in die Saiten, da ist sie da, die alte Whitesnake-Stimmung, dieses kompakte, gefühlvolle - und sie können es noch, sind instrumentalisch voll auf der Höhe. Und stimmlich? Als Sangesbrüder haben sie gleich zwei Kollegen engagiert: da ist zum einen Stefan Berggren, der in Jeans und Raushänge-Hemd den Mikroständer so locker kreisen lässt, also ob der gute David selbst da wäre. Aber die Stimme, meine Freunde, die Stimme: ob nun Walking In The Shadow Of The Blues, Don't Break My Heart Again oder Slow An' Easy - das ist derart original, bis auf den letzten Ton, dass es kaum zu glauben ist. Aber dann darf Doogie White ran, seines Zeichens ehemaliger Rainbow-Shouter. Der macht zwar deutlich mehr die Rampensau, schüttelt die Mähne und liefert die Coverdale'schen "au au au"-Schreie, aber stimmlich kommt Herr Berggren näher an die Vorlage heran. Egal, interessant ist auch die White-Interpretation allemal. Gegen Ende hin dürfen beide gemeinsam intonieren und das wunderbare "Ain't No Love In The Heart Of The City" bringen. Und beim unvermeidlichen Rausschmeißer "Here I Go Again" schaffen es die alten Herren (genau wie Cheffe Coverdale auf seiner Tour übrigens), diesem eigentlich mausetoten Song jede Menge Leben einzuhauchen. Schön. Und überraschend: auch Bernie Marsden zeigt sich hier als exzellenter Sänger. Als Special Feature kann man die beiden Gitarristen dann noch bei einer unplugged-Session bewundern, wo sie jede Menge über die Anfänge von Whitesnake erzählen und übrigens auch ein paar Songs spielen (und singen!). Insgesamt ein schönes Package in 5.1 Dolby Digital für alle, die die großen Stücke mal wieder in ihrem ursprünglichen Klang-Gewand hören wollen - oder die, die endlich mal wissen wollen, wie Crying In The Rain ohne 80 Spuren Keyboards klingt.