Interview
English VersionInterview mit Manticora (26.08.2007)
Manticora haben mit dem zweiten Teil des Konzeptes The Black Circus, Disclosure, ein hervorragendes Power Progressive Metal-Album vorgelegt. Der hünenhafte Sänger Lars stand uns Rede und Antwort über die CDs, die Plattenfirma, Werkzeuge und die kommende Tour mit King Diamond.
HH: Hi Lars, wie geht's dir?
Lars: Danke, mir gehts momentan recht gut. Ich hatte einige Probleme mit meinem Rücken, aber ich schätze, das wird bis zu den nächsten Auftritten vorbei sein.
HH: Glückwünsche zu eurem letzten Album The Black Circus Part 2 - Disclosure. Wie waren denn die Reaktionen von Fans und Presse?
Lars: Die Fans haben sehr, sehr gut reagiert, die kleineren Magazine ziemlich gut. Bei den großen Magazinen präsentiert sich ein recht gemischtes Bild. Es ist immer dasselbe, die Journalisten von den großen Magazinen haben einfach nicht die Zeit, sich bei 70 Scheiben im Monat ein Album sorgfältig anzuhören. Das bedeutet, dass sie sich auf keinen Fall in Musik versenken können. Dabei verlangt die Musik von Manticora, dass man das macht, um sie vollkommen würdigen zu können. Sie enthält viel zu viele Ebenen, als dass man sich das Ganze einmal anhören und zu einem gerechten Urteil kommen könnte. Wir haben gelernt, damit zu leben, also macht uns das nichts aus - nur die Meinung der Fans zählt.
HH: Zwischen Letters und Disclosure habt ihr es meiner Meinung nach geschafft, alle Blind-Guardian-Anleihen in eurem Sound loszuwerden, so dass euer eigener Stil zutage treten konnte. War das Absicht oder hat es sich einfach so ergeben?
Lars: Die beiden Alben wurden gleichzeitig geschrieben, aber ich denke, wir haben das zweite Album unbewusst düsterer gemacht als das erste. Es ist größtenteils in Moll-Tonarten gehalten und vielleicht war dies der Grund, dass die Ähnlichkeiten zu Hansi und Co. verschwunden sind? Versteh mich nicht falsch, ich habe absolut kein Problem damit, mit einer der großartigsten Power-Metal-Bands verglichen zu werden - ich war bloß nie in der Lage, diese Parallelen selber zu sehen. Ich glaube, vielleicht haben wir so viele neue Einflüsse verarbeitet, dass der traditionelle Power Metal ausgesondert wurde und wir jetzt näher am Power/Prog Metal sind als wir es je waren.
HH: Wie würdest du denn euren eigenen Stil beschreiben? Was muss ein Song haben, damit er Manticora ist?
Lars: Energie! Wir haben eine Menge fertig geschriebenes Material herumliegen, wo wir uns gedacht haben "Dieses Lied tritt nichtmal in unsere eigenen Ärsche - es enthält keine Energie". Diese Songs haben es bisher auf kein Album geschafft und werden es auch nicht. Es reicht einfach nicht, auf der E-Saite herumzuschrabbeln, um sich eine Power Metal-Band nennen zu können. Man muss Emotionen und man muss sich selbst ein wenig in der Song-Struktur wiederfinden. Wenn du nicht mehr als Geschrabbel auf einer Saite anbieten kannst - ja, ich weiß, das ist ein sehr vereinfachtes Beispiel, hehehe -, dann solltest du keine Musik machen. Ich kann dir garantieren, dass nichts unseren Proberaum verlässt, bis nicht alle Bandmitglieder zustimmen: Dieses Lied tritt Arsch. Nachdem wir fünf Jungs in der Band sind, die jeweils einen anderen Geschmack haben, stellt diese Arbeitsweise sicher, dass am Schluss etwas Gescheites rauskommt.
HH: Warum wurde Disclosure von einer anderen Plattenfirma veröffentlicht als der erste Teil des Konzeptes, Letters?
Lars: Massacre haben uns wissen lassen, dass sie uns dieses Mal nicht denselben Vorschuss zahlen konnten wie beim ersten Album. Sie haben uns auch gesagt, dass wir zu einer anderen Plattenfirma wechseln können, wenn wir eine finden, die uns den Vorschuss gibt und uns nimmt. Nachdem Locomotive mit dem Vertrieb von The Black Circus - Part I - Letters in Nordamerika gute Arbeit abgeliefert hatten und uns schon bei 8 Deadly Sins unter Vertrag nehmen wollten, haben wir sie gefragt und sie wollten uns haben. Es ist eigentlich ganz einfach. Ich habe kein Problem damit, für zehn Alben zehnmal die Plattenfirma zu wechseln, wenn diese ihre Arbeit nicht ordentlich machen oder sich andere Probleme ergeben. Es kommt immer komisch rüber, wenn eine Zusammenarbeit endet, aber ich sehe sowas eher als neuen Pfad, den wir beschreiten. Wenn dieser neue Pfad namens Locomotive sich als der falsche erweist, nehme ich lieber einen neuen, anstatt bei einem Label zu bleiben, das keinen Bock dazu hat, mich anständig zu promoten. Die Zeit wird's zeigen...
HH: Die Geschichte, die auf The Black Circus erzählt wird, ist ziemlich gruslig geraten. Ich habe gelesen, dass sie auf Lovecrafts Werken basiert. Ist sie einfach von ihm inspiriert oder habt ihr eine bestimmte Geschichte verarbeitet?
Lars: Sie ist einfach nur ein bisschen von Lovecraft und dem gesamten Cthulu-Mythos beeinflusst. Mads hat sich die Geschichte ausgedacht, ohne Lovecraft im Hinterkopf zu haben. Dann haben aber Kristian und ich unsere Ideen in die Handlung eingebracht und die böse Mythologie wurde dazu gegeben. Daraufhin haben Mads und ich die Texte dafür geschrieben und überarbeitet.
HH: Wie hat sich denn die Tour mit King Diamond ergeben?
Lars: Naja, ergeben ist gut - sie hat sich erstmal verschoben! Dummerweise wird das Ganze erst 2008 stattfinden. Es ist unser übliches Glück. Es schaut so aus, als wäre es völlig egal, was wir anfassen, es wandelt sich immer in verspätet, gestrichen, abgesagt oder verschoben. Ich schätze, wir müssen einfach weitermachen, bis wir mal Glück haben. Unser Management Intrometal wurde von King Diamonds Manger angerufen. Er hat angeboten, einige Bands bei der Tour aufzunehmen, weil Loch Vostok und Secret Sphere den King auf der letzten Skandinavien-Tour supportet haben und das wohl recht gut gelaufen ist. Also haben wir von Manticora diese Chance diesmal zusammen mit Loch Vostok für die Europatour bekommen... naja... für 2008...
HH: Ihr habt ja vorher schon mal in Deutschland gespielt. Hamburg, Aschaffenburg, Lübeck... was hältst du von den deutschen Fans?
Lars: Und Alfeld, München, Berlin... Gerüchte sagen, dass die deutschen Fans wegen der hohen Anzahl an Konzerten so verwöhnt sind, dass sie keine Lust dazu haben, sich zu bewegen und zu headbangen. Das stimmt nicht. Es kommt darauf an, wieviel Energie du als Band den Fans von der Bühne herab mitgeben kannst. Ich habe noch kein Konzert in Deutschland gespielt, wo niemand vor der Bühne headbangt hat - außer mal in München, wo wir 2003 vor nur sieben Nasen aufgetreten sind, hahahaha. Es hängt immer von der Einstellung der Band ab, die gerade spielt. Du kannst nicht erwarten, dass die Leute auf keine Action reagieren. Eine weitere coole Sache bei deutschen Fans: ihr zögert nicht, eine Band durch den Kauf von Merchandise und CDs zu unterstützen. Es ist SO wichtig für kleinere Bands auf Tour, jeden Abend einiges an Merchandise und CDs zu verkaufen, um eingermaßen Geld zu verdienen.
HH: Gibt es denn einen Unterschied zwischen den deutschen und spanischen/französischen/dänischen Fans?
Lars: Ich bin bei den dänischen Fans etwas voreingenommen, weil ein Haufen Leute, die hier in Dänemark zu unseren Konzerten kommen, Freunde von uns sind, da kann ich also nichts dazu sagen. Die Franzosen sind SEHR engagiert und generell auch sehr interessiert, Bands zu unterstützen, sei es durch Mitsingen, Stagediving, Merchandise kaufen etc. Die Spanier dagegen sind uns gegenüber etwas reservierter. Ich glaube, dass wir auf den drei spanischen Konzerten auf der letzten Tour zusammen mit Angra gerade mal drei CDs verkauft haben. Ich behaupte nicht, dass diese Leute die Band nicht unterstützen wollen, aber vielleicht haben sie kein Geld für unsere CDs oder vielleicht wollten sie ihr Geld lieber für Angra ausgegen, hehehe. Es ist ziemlich schwierig für mich, allgemeine Unterschiede zwischen den Fans aus verschiedenen Ländern herauszufinden, weil die Leute innerhalb der Länder natürlich auch verschieden sind. Einigen wir uns darauf, dass alle Menschen einzigartig sind und alle sofort ein Manticora-Album kaufen sollten, hehehe.
HH: Was machst du denn wenn du gerade keine Songs schreibst?
Lars: Ich arbeite als Fitnesstrainer in einem Studio und als Promotional Director bei Intrometal Management hier in Dänemark. Meine Tage sind also mit Arbeit angefüllt. Zum Glück verstehen meine beiden Arbeitgeber meine Situation mit der Band, so dass ich auf Tour gehen kann, wenn ich möchte.
HH: Was für ein Album können wir denn als nächstes von euch erwarten?
Lars: Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich absolut keine Ahnung. Wir haben gerade angefangen zu überlegen, ob es ein normales Album oder wieder ein Konzeptalbum werden soll. Vielleicht schreiben wir zehn Lieder, die zwar von einem bestimmten Thema handeln, aber keine fortlaufende Geschichte erzählen. Was du aber auf jeden Fall erwarten kannst, ist hochwertiger progressiver Power Metal.
HH: Wo bekommt ihr eure Einflüsse her? Stimmt die von mir vorhin erwähnte Blind-Guardian-Geschichte überhaupt?
Lars: Naja, ich würde lügen, wenn ich sagen würde wir wären von den Krefeldern nicht beeinflusst. Wir nehmen aber von so vielen verschiedenen Musikstilen Einflüsse auf, dass es unfair wäre, nur Blind Guardian zu nennen. Da gibt es Metallica, Savatage, Nevermore, Iced Earth, Overkill, Slayer, King Diamond, Testament, etc, etc. Das Ganze ist ein großer Schmelztiegel von Künstlern, mit denen wir aufgewachsen sind. Martin, unser Leadgitarrist, steht voll auf das Zeug von Yngwie Malmsteen, Marty Friedmann und Steve Vai. Ich kann also den exakten Einfluss gar nicht benennen.
HH: Wenn die beiden Alben von The Black Circus zwei Werkzeuge wären, wie würden die denn ausschauen?
Lars: Ein Vorschlaghammer und noch ein Vorschlaghammer... sie schlagen dir beide ins Gesicht, wenn du sie anhörst!
HH: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und viel Spaß auf der Tour mit King Diamond! Letzte Worte?
Lars: Danke für euer Interesse an der Band. Wir werden auf jeden Fall nächstes Jahr auf der Tour Spaß haben... mal sehen, mit welcher Art Tour wir zwischenzeitlich aufwarten können. Letzte Worte? (auf deutsch) Warum gibt es niemals genug Bier?