Interview
Interview mit Kill II This (11.06.2003)
Restlos überzeugen konnte mich der neueste Output von Kill 2 This nicht gerade. Trotzdem steckte genügend Potential (Potenzial?) in der Scheibe, um mich mal per Mail bei den Verantwortlichen zu melden und den Herren Musikern mal etwas auf den Zahn zu fühlen.
HH: Hallo, stell dich doch bitte mal vor:
Pete: Hi, ich bin Pete Stone, Bassist und der andere ist Mark, der Gitarrist von Kill 2 This.
HH: Wer hat eigentlich euer neues Album produziert? Für die vorherigen war ja Andy Sneap verantwortlich.
Mark: Ich habe das Album selbst gemixt und produziert, weil ich derezeit einen Abschluss für kommerzielle Musikproduktionen fertigmache und es mit Sicherheit ein Thema ist, mit dem ich mich zukünftig mehr beschäftigen werde. Es war hervorragend, von der Plattenfirma keine Deadline vorgeschrieben zu bekommen oder ein begrenztes Budget, bzw. einen Produzenten, der uns vorschreiben könnte, wie oder wann das Album fertig sein muss. Wir waren uns sicher, dass wir drei Jahre nach dem Release von "Trinity" mit einem Mörderalbum zurückkommen mussten und wir dem Label die Veröffentlichung erst gestatten würden, wenn wir uns zu hundert Prozent sicher sind, dass es ohne Zweifel das beste K2T-Album ist. Das beinhaltet natürlich auch, dass wir andauernd Songs umgeschrieben und umarrangiert haben und bei einzelnen Parts Feintuning betrieben haben, bis wir uns sicher waren, dass die Songs sich genau so anhörten, wie wir uns das vorgestellt haben.
HH: Was bedeutet eigentlich der Titel eueres Albums "mass.[down] ? sin.(drone)"?
Pete: Der Originaltitel des Albums war 'Religion Politics Money Sin'. Jedes für sich ein interessantes Wort... Mit Bedeutungen, die jeden ansprechen. Aus 'Religion' wurde 'Mass'... Aus 'Politics' wurde 'drone'... und aus 'Money' wurde 'Down'. Wir haben den Titel gewählt, weil wir hoffen, dass die unterschiedlichen Worte das ausgedehnte Feld der Strukturen, Launen und Emotionen auf dem Album reflektieren würden. Die Texte schreibe ich normalerweise, wenn mich etwas besonders berührt. In diesem Zustand hast du den stärksten Fluss von Emotionen, welche üblicherweise gute Texte beeinflussen. Viele Leute beschuldigen mich, depressive Texte zu schreiben. Dem widerspreche ich vehement. Ich glaube daran, dass die Texte sind in der Realität angesiedelt und jeder, der die Abendnachrichten verfolgt, kann sich davon selbst überzeugen. Ich kann von mir aus keinen Bezug zu Bands herstellen, welche über Kerker und Drachen oder Satan singen. Meiner Meinung nach gibt es mehr als genug reale Themen, über die es sich lohnt zu zehren. Ich fühle, dass der Schlüssel um negative Energien in positive zu verwandeln für mich der ist, Texte für K2T zu schreiben. Ich bin sehr misstrauisch gegenüber der Technik, die der Mensch derzeit einsetzt. Die Technologie hat im 20. Jahrhundert nur Mord und Verwüstung über die Menschen gebracht. Die Statistiken für den schieren Level des Blutvergiessens in den letzten hundert Jahren sind furchtbar. Es ist atemberaubend zu sehen, wie effektiv und effizient die Menschen darin geworden sind, sich gegenseitig zu töten. Diejenigen welchen, die die Regierungen und Multi-nationalen Firemen leiten, sind wie moralische Zwerge, die hinter der Kontrolle riesiger Roboter sitzen, die alles töten oder verstümmeln, was ihnen in den Weg kommt, während sie ständig die Welt in Angst und Schrecken versetzen, in der wir leben. Der moderne Barbarismus ist unglaublich gut organisiert und trägt einen Anzug.
HH: Kannst du kurz erklären, wie ein K2T-Song ensteht? Ist da eine Idee und jeder spielt, wie ihm geheissen, oder gibt jedes Bandmitglied seinen Input?
Pete: Ich denke wie die meisten Songs entstehen. Den Stamm bildet ein Gitarrenriff oder eine Gesangslinie. Das wird dann in den (Band-)Raum gestellt, wo der Input von allen Mitgliedern den kompletten Song bildet. Wenn wir Songs schreiben, müssen sie auch gut sein... es ist nicht genug, mit einem einzelnen Hook oder Riff daherzukommen. Es gibt heutzutage schon genug Bands, die nur zweidimensional klingen. Wir wollten, dass dieses Album eine musikalische und emotionale Reise wird und ich glaube wirklich, dass wir unser Ziel mit dem Album erreicht haben.
HH: Wollt ihr mit euerer Musik eine Botschaft transportieren?
Pete: Es gibt keine allgemeine Botschaft. Jeder Song hat seinen eigenen Sachverhalt, aber viele dieser Sachverhalte hinterfragen bestimmte Situationen in der Welt in der wir leben. Ich hoffe inständig, dass die Texte für jeden, der sie liest, als provokant oder herausfordernd angesehen werden.
HH: Wie sind denn euere Texte? Autobiographischer oder fiktiver Natur?
Pete: Die Texte sind weder fiktiv, noch autobiographisch. Sie sind über die reale Welt und reale Themen, von denen ich glaube, dass sie jeden betreffen. Am Ende des Tages verbindet die Depression die komplette menschliche Rasse. Jeder der behauptet, nie depressiv zu sein, ist ein Lügner und sollte auf jeden Fall gemieden werden.
HH: Von welchen Bands fühlt ihr euch beeinflusst?
Pete: Ich höre so viel verrücktes Zeug... Im Moment mag ich ganz besonders "Cave In", aber ich höre auch immer noch viel "Pearl Jam" und "Alice In Chains"... Nach all den Jahren gibt mir "Dirt" immer noch einen unglaublichen Kick. Auf der anderen Seite hör ich auch viel Ambient-Zeugs. "Massive Attack", "Pink Floyd"... Wir werden auch immer wieder mit "Machine Head" verglichen, was ich als grosses Kompliment aufnehme, weil sie auch eine meiner Lieblingsbands sind, aber ich sollte noch dazusagen, dass wir nicht versuchen, wie sie zu klingen.
Mark: Ja, also das Spektrum der Bands, die mich beeinflussen, geht von "Portishead/Massive Attack/Boards of Canada/Air/Morcheeba" bis "Radiohead" bis "Dimmu Borgir/The Haunted/At the Gates/Samael" usw.
Steve: (Steve? Wo kam denn der jetzt her? - Anm. d. Red.) Ich hab während der Aufnahmen eine Menge Black Metal gehört und wurde mir plötzlich bewusst, das wir nicht wie eine Band aus Amerika klingen dürfen, weil der Markt schon so gesättigt ist. Es ist nichts persönliches, aber ich als Drummer wollte den Mainstream-Sound vermeiden und aus Amerika kommen die halt alle zur Zeit. Jetzt nach den Aufnahmen hab ich auch meine alten Amerika-Faves wieder entdeckt, wie Slayer und Alice in Chains. Für eine Weile waren das aber eher Opeth und Dimmu Borgir.
HH: Euer Sound variiert sehr stark und klingt, gerade wenn man sich an eine andere Band erinnert fühlt, doch eigenständig und individuell. Versucht ihr absichtlich, euch von eueren Einflüssen zu lösen, oder ist dies ein natürlicher Bestandteil eueres Songwritingprozesses?
Pete: Wir versuchen nicht absichtlich, eigenständig zu klingen, aber wir werden vorsichtig, wenn wir uns zu stark dem Stil einer anderen Band nähern. Wir würden nie auf einen fahrenden Zug aufspringen. Wir nehmen einfach nur das auf, was wir mögen.
Mark: Das ist das Grossartige... Wir wollen uns nicht in das Korsett eines Genres zwängen lassen, und ich mag das. Bands, die auf einen fahrenden Zug aufspringen, werden spätestens untergehen, wenn das Schiff am Sinken ist. Wir konzentrieren uns von daher mehr auf unseren eigenen Sound, bzw. Stil. Deshalb hoffe ich inständig, dass unser Album im höchsten Masse unangepasst ist, und dass wir mit all den Bands, die als trendy gelten (in der Regel US-Bands), nichts zu tun haben wollen, da es den meisten an Tiefe und Emotionen fehlt. England ist sehr wankelmütig und Mode-orientiert. Bands scheinen plötzlich sehr angesagt und werden in einem Monat zum "next big thing" erklärt, nur um sechs Monate später wieder abgestossen und ignoriert zu werden. In Frankreich hatten wir von jeher die meisten Supporter und auch die Reaktionen in Deutschland waren teilweise sehr gut. Die europäische "Festland"-Szene scheint sehr stark zu sein. Ich denke, das neue Soilwork-Album "Figure of 5" ist grossartig, ich liebe Dimmu Borgir, Tiamat, Moonspell, Samael, The Gathering... etc. Das Festland scheint weniger interessiert zu sein an Moden und Trends und befasst sich mehr mit der Musik. Die Leute mögen einfach, was ihnen gefällt, ohne darauf zu achten, ob es "cool" ist, oder nicht. (Anm. d. Red.: Deutschland kann er damit nicht meinen...)
HH: Laut eurem Info ist das schon euer viertes Album. Denkt ihr, ihr habt eueren Sound seit dem ersten Album stark verändert und wenn ja, warum und war es ein natürlicher Vorgang, oder andere, äussere Einflüsse?
Pete: Ich denke, es gibt einen eindeuten K2T-Sound quer durch alle Alben. Jedes entstand aus einem natürlichen Wachstumsprozess heraus. Es gibt ein paar offensichtliche starke Unterschiede beim Gesang, als Matt ersetzt wurde, aber definitiv eine Veränderung zum Guten. Mass Down Sin Drone ist mit Sicherheit das abwechslungsreichste Album, das wir je aufgenommen haben. Wir haben das nicht geplant - es ist einfach so passiert.
Mark: Yeah, der Bandsound hat sich stark entwickelt und das wird er auch in Zukunft wieder. Das neue K2T-Album wird eine komplette Änderung der Identität und des Sounds erfahren. Jetzt, da die Band ein stabiles Line-up hat, haben wir alle unsere Stärken an der Songwriting-Front ausgearbeitet und dies wird ein hervorragendes nächstes Album hervorbringen. Hauptsächlich haben wir am eigenen Style gearbeitet und die programmierten Anteile an der Musik wie Loops etc. forciert. Die Gesangs-Arrangements auf diesem Album übertreffen bei weitem die der vorigen Alben. Da sind Harmonien, Gegen-Melodien und auf einem Song sind 10 verschiedene Gesangstracks gleichzeitig.
HH: Mit welcher Band wärt ihr gern auf Tour?
Mark: Persönlich würde ich nur zu gern die Herausforderung annehmen, vor einem gänzlich metallisch unbelastetem Publikum zu spielen, mit einer Band wie Radiohead oder Pink Floyd. Die Herausforderung ist, dass Kill 2 This auch da angelangen wollen, wo diese Bands sind.
HH: Denkt ihr, dass ihr mit anderen Bands konkurriert?
Pete: Wir interessieren uns nicht wirklich dafür, was andere Bands abziehen. Wir machen nur unser Ding. Solang du 110 % gibst und es geniesst, ist es egal.
Mark: Wenn du am Ende des Tages deinen eigenen Sound und Stil hast, heisst das nicht, dass du nicht in einer Liga mit anderen Bands spielst, sondern dass du in deiner eigenen Liga spielst.
HH: Engländer gelten ja als extrem unterkühlt. Würdet ihr euere Liveshows auch als unterkühlt bezeichnen, oder gebt ihr den Leuten Blut, Schweiss und Tränen?
Pete: Ganz klar letzteres! Das englische Publikum braucht vielleicht länger, bis es aufgetaut ist, aber es die Mühe wert! Du weißt, dass du einen guten Gig abgeliefert hast, wenn eine englische Meute ausgerastet ist.
HH: Wem würdet ihr lieber eins in die Fresse geben: Saddam, Bush, oder dem Idioten, der euch diese Fragen geschickt hat?
Mark: Ein gleichzeitiger Schlag in beide Fressen gleichzeitig wäre fein, aber der Papst wäre ein sehr guter zweiter Schlag. Millionen Katholiken der Armut preiszugeben, indem Verhütungsmittel verdammt werden, ist eine mordsmässige Sauerei. Und ein Schlag in das Gesicht des Oberhaupts der Vatikan-Bank, welche eine der korruptesten Unternehmen der Welt ist, ist LANG überfällig!
HH: Danke für das Interview.
Andreas